Überstunden ohne Ende – aber erst einmal auf dem Pferd gesessen

Bestimmen Schwarze Schafe unter den Berufsausbildern mehrheitlich den Beruf Pferdewirt/in? Nicht immer kann jungen Leuten eine Berufsausbildung im Beruf Pferdewirt ohne Einschränkung empfohlen werden.

09.04.20 n.n. (dem admin bekannt)

„Im August 2019 habe ich meine Ausbildung zur Pferdewirtin auf einem Hof in der Nähe von xxx begonnen. In meinem Ausbildungsvertrag stehen 5 Tage/40 Stunden.

Ich arbeite jedoch weitaus mehr, einen Tag in der Woche habe ich frei und es gibt ein freies Wochenende im Monat, dann wird der freie Tag zum Wochenende hin verschoben und ich habe drei Tage am Stück frei. Ende Januar habe ich bereits um die 250 Überstunden gehabt. Wir beginnen um 7.30 Uhr und ich komme sehr selten vor 20 Uhr vom Hof, oft erst viel später. In dieser Zeit sind Pausen von 1,5 Stunden, die aber auch häufig kürzer ausfallen. Und, ich arbeite 6 Tage die Woche.

Es gibt kaum Feiertagsausgleich, für das anliegende Osterwochenende habe ich einen Tag frei bekommen, als Ausgleich.

Und so langsam geht mir die Puste aus, ich schreibe in der Schule schlechte Noten, weil ich einfach keine Zeit und Energie mehr habe, den Stoff zu lernen und durchzugehen. Wenn ich Abends zu Hause bin, geduscht hab und etwas gegessen habe ist es oft so spät, das ich mich auf nichts mehr konzentrieren kann. Darüber bin ich unglücklich, ich bin es gewohnt, gute Noten zu schreiben und die Schule ist mir wichtig, denn hier kann ich etwas lernen.

Ich hab keine Zeit für Treffen mit Freunden oder andere Aktivitäten, weil es jeden Abend so spät wird.

Dazu kommt, das ich zunehmend merke, dass die Ausbildung nicht das verspricht, was ich mir erhofft habe: Auf dem Hof gibt es drei Azubis und zwei polnische Helfer für die groben Arbeiten und den Chef. Wir bekommen unsere Aufgaben, führen Abends eine Abschlußbesprechung und sehr wenig Anleitung, selten geht jemand mit uns los und zeigt uns etwas. Bisher habe ich einmal auf einem Pferd gesessen und ich bekomme keinen Unterricht. 

Noch vor Ausbildungsbeginn wusste ich, dass ich zu Beginn 2020 eine größere Kiefer OP haben werde, dies habe ich persönlich vorher in einem Gespräch mitgeteilt, damit sich alle darauf einstellen können, oder die Ausbildung  ggfs. verschoben werden kann. Man sagte mir, das sei kein Problem, trotzdem wird es mir jetzt dauernd vorgehalten.

Nach einem Gespräch mit der LWK habe ich mich entschlossen, zum 1. August einen neuen Hof zu suchen. Da ich ja eine schulische Vorausbildung habe,  ein landwirtschaftliches Grundschuljahr, erklärten mir die Ausbildungsberater der Kammer, hätte ich so oder so keine Zeit verloren und könne jederzeit im 2. Ausbildungsjahr neu beginnen. Man meinte sogar, ich könne sogar sofort aufhören….. .

Um meinem Chef ehrlich gegenüber zu sein, habe ich ihm mitgeteilt, dass ich mir zum 1. August einen neuen Hof suchen möchte, daraufhin wollte er sofort einen Aufhebungsvertrag mit mir schließen, was ich abgelehnt habe, das war ja nicht mein Plan, ich wollte gehen, wenn ich eine neue Stelle habe… und ich möchte meine Überstunden ausgeglichen haben.

Er moniert mein Berichtsheft, dass das nicht immer so ordentlich kommt, wie es sollte, aber ich weiß nicht, wann ich das schreiben soll, es gibt selten Anweisungen, worüber ich schreiben soll, ich soll es an meinem freien Tag schreiben und ich muss mir die Informationen selbst heraus suchen. Kann mich also nicht auf Ausbildungsgespräche stützen.

Ich habe in meiner Bewerbung geschrieben, dass ich Asperger Autismus habe, keine schwere Form,  aber es bedeutet auch, dass ich für manches etwas länger brauche, dafür aber sehr gründlich und zuverlässig bin. Was man mir aufträgt, das erledige ich auch so. 

Nach 14 Tagen Praktikum war er auch mit mir zufrieden und ich habe dort begonnen.

Nun aber. Seitdem der Chef weiß, dass ich gehen möchte, mache ich ihm wenig recht. Ständig schimpft er mit mir, ich bin zu langsam, entscheide die Arbeitsabläufe falsch, rufe zuviel an um zu fragen oder zu wenig… dabei sind seine Anweisungen unklar und wenn ich nun nachfrage, ist er verärgert. Er vergreift sich im Ton, reagiert bei mir anders, wenn ich Fehler mache als bei den anderen ist offensichtlich total verärgert. Betont, dass er mir ja ein „Gehalt“ zahlt und dafür vollen Einsatz erwartet und ich den Betriebsfrieden störe. 

Er hat übrigens nicht nachgefragt, warum ich gehen möchte. Und ich konnte das, aufgrund meiner Beeinträchtigung leider nicht so klar aussprechen, wie ich es hier schreibe. Die Zuständige Stelle hat mit ihm telefoniert und er meinte, er würde im ersten Lehrjahr nicht ausbilden, erst im zweiten und dann so richtig im dritten Jahr – aber ich halte das für vorgeschoben,  denn meine Mitauszubildenden (sie haben mit mir begonnen) sind im zweiten Ausbildungsjahr und machen das Gleiche wie ich, bis auf eine der beiden, sie arbeitet hauptsächliche die Pferde, weil sie so gut reiten kann…. Sagt er. Der Rest der Hofarbeit liegt auf mir und meiner Kollegin. 

Wie gehe ich jetzt am besten vor? Ein Aufhebungsvertag bedeutet ja, dass ich keine weiteren Forderungen erheben kann, was ich nicht möchte. Ich möchte meine Überstunden ausgeglichen haben, ich möchte nicht tricksen (mich etwa krank schreiben lassen) und ich mache meine Arbeit genauso ordentlich und aufmerksam wie immer. “ 

10.04.20 Dietbert Arnold

Hallo liebe n.n.

ich kann Dich gut verstehen, dass Du Sorgen um Deine Ausbildung hast, denn das, was Du mir schreibst, ist keine Ausbildung, sondern nur Ausbeutung. Es ist richtig, dass Du die Reißleine ziehen willst und Dir einen neuen Betrieb suchen möchtest. Du musst aber aufpassen, dass Du nicht an einen ähnlichen Betrieb gerätst, denn davon gibt es leider verdammt viele.

Grundsätzlich muss Dir klar sein, dass ich Dir keine Rechtsauskunft geben darf.

Ich finde es richtig, wenn Du den jetzigen Betrieb nicht einfach so davonkommen lässt, denn schließlich muss sich rumsprechen, dass Auszubildende ein Recht auf Ausbildung haben und nicht billige Hilfsarbeiter sind. Du musst wissen, dass Pferdewirtazubis mehr Geld erwirtschaften, als sie kosten. Das ist ja der Grund, warum diese Betriebe, die eigentlich gar nicht ausbilden wollen und denen egal ist, wo ihr bleibt, Azubis einstellen. 

Wie kannst und solltest Du Dich wehren? 

Da gibt es grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten: 

  • Einen Anwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht beauftragen oder aber den Rechtsschutz einer Gewerkschaft nutzen. Ein Anwalt lebt von dieser Arbeit und wird deshalb eine Kostenrechnung schicken. Ein erstes Beratungsgespräch kostet nicht ein Vermögen und es ist Dein gutes Recht und kein Anwalt wird Dir böse sein, wenn Du vorher genau erfragst, was da finanziell auf Dich zukommt. Das eigentliche Verfahren ist beim Arbeitsgericht in der ersten Instanz immer kostenfrei. 
  • Anders gelagert ist der Rechtsschutz einer Gewerkschaft. Die hat für ihre Mitglieder eine kostenfreie Rechtsberatung und natürlich auch einen kostenfreien Rechtsschutz vor Gericht. Das Problem ist wahrscheinlich bei Dir, dass Du nicht in einer Gewerkschaft Mitglied bist. Das erwarten die natürlich, weil sich der Rechtsschutz der Gewerkschaft aus den Mitgliedsbeiträgen aller Gewerkschaftsmitglieder finanziert. 

Was tun?

  • Eventuell macht die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt , die sind für die Pferdewirte zuständig, einmal eine Ausnahme und übernimmt Deinen Rechtsschutz, obwohl Du bei Beginn des Problems noch nicht Mitglied warst. Da musst Du mit denen ganz offen umgehen. Es darf nicht sein, dass Du sofort nachdem Du das Problem gelöst hast, wieder aus der Gewerkschaft austrittst. Das wäre insofern sehr unsolidarisch und unfair, weil Du das Geld der vielen anderen Mitglieder verbraucht hast und selber nicht dafür zur Verfügung stehst, wenn es Dir besser geht und Du andere Pechvögel finanzieren könntest. Das musst Du mit der Gewerkschaft besprechen, wie ihr damit umgehen wollt. Die Gewerkschaft kann Ja sagen, muss es aber nicht. Wenn die aus guten Gründen NEIN sagen, darfst Du denen nicht böse sein. Ein anderes Angebot an die Gewerkschaft könnte sein, dass Du anbietest, Deinen Fall als Beispiel dafür zu nehmen, zu zeigen, wie wichtig es ist, dass alle Pferdewirtazubis und alle Pferdewirte Mitglied in ihrer Gewerkschaft werden, bevor das berühmte Kind in den Brunnen gefallen ist. Manchmal hilft auch schon ein „böses“ Schreiben der Gewerkschaft und der Chef knickt ein. Wer will schon zweiter Sieger werden?
  • Du beauftragst einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Oft kann schon ein Schreiben des Anwaltes mit der Drohung eines Gerichtsverfahrens für Abhilfe sorgen. Das würde die Kosten geringhalten. 

Es wäre super, wenn Du mir erlauben würdest, Deinen Fall anonym auf meiner Seite www.pferdewirtpruefung.de zu veröffentlichen, damit möglichst viele von Euch sehen, wie wichtig es ist, schon in die Gewerkschaft einzutreten, bevor es zum Notfall kommt. Auch hier gilt: Vorsorgen ist besser als nachsorgen.

Einen ganz wesentlichen Hinweis habe ich noch an Dich, dabei ist es völlig egal, wie Du Dich entscheiden wirst, Dich zu wehren. Du musst täglich ganz exakt aufschreiben, wie lange Du gearbeitet hast und was Du gemacht hast. Nur dann kann bewiesen werden, dass Du Überstunden ohne Ende gemacht hast und obendrein auch noch nicht ausgebildet wurdest, so wie es die Verordnung Pferdewirt/in vorschreibt. Gleichzeitig muss Dein Betrieb Dir einen individuellen Ausbildungsplan zum Beginn der Ausbildung gegeben haben, aus dem hervorgeht, was der Betrieb Dir wann beigebracht haben muss. Dazu gehört natürlich auch das Reiten. Auf meiner Internetseite https://pferdewirtpruefung.de/wordpress/?page_id=62 findest Du auch 3 Seiten als Ausbildungsnachweis/Stundenzettel zum Download. Versuche so weit wie möglich zeitlich rückwärts die Tätigkeiten auszufüllen. Ich hoffe, Du hast Dein Berichtsheft wahrheitsgemäß ausgefüllt und der Ausbilder hat die Wochenberichte unterschrieben. Daraus müsste ja ersichtlich werden, dass Du z.B. für die Feiertage keinen Freizeitausgleich bekommen hast. 

Falls Du Hilfe zu einem Kontakt zur Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt ( www.igbau.de ) benötigst, melde Dich bitte bei mir, da bin ich Dir gerne behilflich. Übrigens: Als Azubis zahlt ihr bei der Gewerkschaft höchstens 10 € im Monat Beitrag und habt alle Vorteile einer großen, starken Gewerkschaft.

Dir jedenfalls wünsche ich den nötigen Mut und das Durchhaltevermögen, Deine Dir zustehenden Rechte einzufordern. Auch solche Situationen muss man im Leben erlernen, um nicht lebenslanges Opfer zu bleiben. DU schaffst, davon bin ich fest überzeugt.

n.n. 16.04.20

Hallo Herr Arnold,

gern dürfen Sie meinen Fall anonym veröffentlichen. Ich bin seit kurzem Mitglied bei der IG Bau, Agrar und Umwelt und habe dort schon um Hilfe gebeten. Vielen Dank für Ihre Antwort und ich halte Sie gern auf dem Laufenden.

Viele Grüße
n.n.

Große Unzufriedenheit auch 2019 bei den Pferdewirtazubis

Seltene Momente in der Ausbildung zum Pferdewirt: Lernen statt misten

In ihrer jährlichen Befragung der Auszubildenden hat die Landwirtschaftskammer Niedersachen auch 2019 erhebliche Defizite bei den Auszubildenden im Beruf Pferdewirt/in festgestellt. Ganz offensichtlich nutzen viele Betriebe ihre Auszubildenden nur als billige Arbeitskräfte aus. Von einer geregelten Berufsausbildung der jungen Menschen kann nicht die Rede sein.

Die Ergebnisse der Befragung im Einzelnen:

Über 60%, also 2 von 3 befragten Azubis, bemängeln …

  • … die hohe Zahl der Überstunden ohne jeglichen Zeitausgleich
  • …und gleichzeitig die unstrukturierte Ausbildung bei ebenfalls fehlendem Ausbildungsplan.
  • Und ganz offensichtlich schuften die Azubis noch nicht genug und sind auch noch maßlos mit ihrer Bitte um bessere Ausbildung, denn die Ausbilder strafen sie dafür mit mangelnder Wertschätzung.

Der Berufsbildungsausschuss der Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat auf seiner jüngsten Sitzung dieses wiederholt schlechte Befragungsergebnis beraten und kündigt an, dass die Ausbildungsbetriebe konsequent entsprechend des Beschlusses des Berufsausbildungsausschusses vom 26.11.06 und 18.11.19 anwenden werden. Da wurde z.B. beschlossen, dass „Mängel in der Eignung der Ausbildungsstätte und der Ausbildungsleistung (,die) an die Zuständige Stelle herangetragen werden“ zu Überprüfungen der Betriebe führen.

Und das ist mein Tipp an Euch:

  1. Dokumentiert immer Eure Ausbildungszeiten ganz genau. Dazu könnt Ihr die kostenfreien Ausbildungsnachweis- Seiten downloaden oder Euch das kostenpflichtige Ausbildungsnachweis- Buch (ganz nach unten scrollen) bestellen.
  2. Ihr unterschreibt den Berufsausbildungsvertrag nur, wenn Ihr einen individuellen Ausbildungsplan (zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung) ausgehändigt bekommt.
  3. Ladet Euch von meiner Webseite den Ausbildungsplan der jeweiligen Fachrichtung herunter und hakt dann immer die Ausbildungsinhalte ab, die der Betrieb für euch durchgeführt hat. Eine lückenhafte Ausbildung wird so rasch sichtbar.
  4. Wenn der von Euch geführte Ausbildungsnachweis und/oder der ebenfalls von Euch sorgfältig geführte Ausbildungsplan Mängel an der Ausbildung sichtbar macht, dann sprecht beim Ausbildungsberater der Zuständigen Stelle vor und bittet um Abhilfe. Ihr solltet wissen, dass die „Zuständige Stelle darüber zu wachen hat, dass die Eignung der Ausbildungsstätte sowie die persönliche und fachliche Eignung vorliegen.“ (§ 32 Berufsbildungsgesetz )
  5. Werdet Mitglied der Gewerkschaft IG Bauen Agrar Umwelt, denn die werden mit Euch zusammen die von mir zur Verfügung gestellten und von Euch geführten Ausbildungsnachweise sowie die Ausbildungspläne ansehen und sich dann an die Zuständige Stelle wenden und notfalls natürlich auch klagen. Dieser Rechtsschutz ist für Mitglieder der Gewerkschaft kostenfrei. Der große Vorteil für Euch ist, dass Ihr endlich ernst genommen werden, denn mit einer starken Gewerkschaft legt sich so schnell keiner an, der „kleine Pferdewirt/in“ wird dagegen schon schnell mal folgenlos übers Ohr gehauen oder abgewimmelt.

Kein Arbeitsvertrag, ein Sklavenvertrag!

Petra, 11.08.2019

Lieber Dietbert Arnold!
Eine gute Freundin von mir hat nun ihre Prüfung zur Pferdewirtin erfolgreich abgelegt. Sie fiebert nun ihrem ersten Job entgegen und soll in Kürze ihren Arbeitsvertrag unterschreiben. Von dem neuen Job verspricht sie sich viel in den Punkten Fort- und Weiterbildung. Jetzt hat sie mir ihren Arbeitsvertrag gezeigt und ich bin ehrlich gesagt entsetzt……ich kann mir nicht vorstellen das ein solcher Vertrag rechtens ist. Unter anderem enthält der Vertrag die folgenden Bestimmungen welche ich persönlich nicht unterschreiben würde:
§ Anstellungsvertrag als Bereiter
§ Entgelt: Die monatliche Vergütung beträgt……. Euro netto. Hier gibt es keine weiteren Angaben zum Stundenlohn oder Bruttolohn.
§ Arbeitszeit und Freizeitregelung: Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ca………. Stunden. Die Festlegung und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Zahl der Arbeitstage bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten, wenn nachfolgend keine gesonderte  Vereinbarung getroffen ist. (Eine gesonderte Vereinbarung gibt es nicht) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anordnung Überstunden zu leisten, die Überstunden sind mit dem Bruttolohn abgegolten.
Vergleicht man die ca. Arbeitsstunden mit dem Nettolohn erscheint der Nettolohn auf den ersten Blick sehr attraktiv……doch ich befürchte das sich im Laufe des Arbeitsverhältnisses keiner mehr an die ca. Angabe halten wird. Zumal jetzt schon klar ist das die mündlich besprochenen Arbeitszeiten in keinem Verhältnis zu den vertraglich geregelten Arbeitszeiten stehen. Für ein kurzes Statement wäre ich sehr dankbar. Ich möchte dem Glück meiner Freundin nicht im Wege stehen, will sie aber auch nicht mit geschlossenen Augen in ihr Unglück rennen lassen.

Bevor Ihr einen Arbeitsvertrag unterschreibt, lasst einen Fachmann/Fachfrau drüberschauen. Alleine jetzt solltet Ihr merken, wie wichtig eine Gewerkschaft besonders für Pferdewirte ist, die jederzeit mit Beratung und notfalls Rechtsschutz Euch weiterhilft.

Dietbert Arnold, 13.08.2019

Das ist kein Arbeitsvertrag, das ist Sklavenvertrag. Derartigen Praktiken in der Branche sorgen dafür, dass immer weniger Auszubildende den Beruf wählen und wenn doch, auf keinen Fall im Beruf bleiben. Von diesen Arbeitgebern gibt es einfach zu viele. Warum komme ich zu dieser vernichtenden Beurteilung?

Bei einer Nettolohnvereinbarung must klar definiert sein, dass der Arbeitgeber alle Sozialversicherungsbeträge komplett übernimmt und auch entrichtet. Gleiches gilt auch für die alle Steuern (Lohnsteuer, Soli und auch Kirchensteuer). Das bedeutet, ein Arbeitgeber entrichtet den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil. Natürlich gilt das auch für zukünftige Erhöhungen. Kommt es bei der Steuererklärung des Arbeitnehmers zu Erstattungen, dann stehen die dem Arbeitnehmer zu. Ein Nettolohn ist für den Arbeitgeber ein großes Risiko und gewöhnlich lassen sie die Finger davon. Es ist also zu fragen, warum der zukünftige Betrieb eine Nettovereinbarung vorschlägt. Da wäre ich sehr vorsichtig, ob da nicht mit einem Trick die Sozialversicherungspflicht ausgehebelt wird.

Überstunden müssen laut Gesetz nur geleistet werden, wenn es um Notfälle geht, die nicht planbar sind. Auch nach Gesetz darf der Arbeitgeber nicht willkürlich die Arbeitszeit und die Arbeitstage je Woche anweisen. Es ist nämlich ein großer Unterschied, ob in einer 5- oder 6- Tagewoche gearbeitet wird, weil sich danach der Urlaubsanspruch ableitet.

Wenn Überstunden über den Bruttolohn abgegolten werden, dann sind es ganz viele Überstunden, die wahrscheinlich eingefordert werden, denn interessanterweise ist in diesem Fall der weitaus höhere Bruttolohn als Ausgleich genannt.

Bei den Arbeitszeiten sollte dringend geklärt werden, ob die so wichtige Aus- und Fortbildung Arbeitszeit oder Freizeit ist. Das ist auch für die so wichtige Absicherung bei einem Unfall ganz wesentlich. Freizeitunfälle sind keine Arbeitsunfälle. Nur die gesetzlichen Unfallversicherungen gewähren eine umfassende Absicherung, die Krankenkassen kommen nur für die Gesundung auf. Nur zur Erklärung: Wenn Deine Freundin ein steifes Kniegelenk nach einem Unfall hat, dann ist sie nicht mehr krank, „nur“ noch behindert. Und für Behinderungen zahlt die Krankenkasse nur sehr wenig.

Welchen Tipp kannst Du Deiner Freundin geben?

  • Schlage ihr vor, in die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt einzutreten und sich dort ausführlich über den vorgeschlagenen Arbeitsvertrag beraten zu lassen.
  • Alternativ kannst Du Deiner Freundin auch vorschlagen, einen Steuerberater oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht über den Arbeitsvertrag gucken zu lassen. Das kostet natürlich.
  • Sage Deiner Freundin auf jeden Fall, dass sie damit rechnen muss, dass der Arbeitsvertrag wahrscheinlich nur ein Ziel hat: Vorteil für den Arbeitgeber und Nachteil für deine Freundin.
  • Unter Downloads (oben bei den Reitern) findet Deine Freundin einen Arbeitsvertrag, der nur wenige Punkte enthält. Den sollte sie, wenn überhaupt, verwenden, denn dann gelten wenigstens alle gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsrechtes.

Petra, 30.08.2019

Hallo,

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Leider hat meine Freundin entgegen aller gut gemeinten Ratschläge den Arbeitsvertrag unterschrieben und die Stelle angetreten. Diese Sklavenhändler wissen aber auch ganz genau welche Knöpfe sie drücken müssen, welche (mündlichen) Zugeständnisse sie machen müssen. Aber wen wundert es, wer Pferdehandel betreibt ist sicher überzeugend genug mit seinem Auftreten und seinen Aussagen!

Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen.

Die Arbeitsbedingungen sind eine Katastrophe. Über 20 Überstunden in der Woche sind normal. Ohne Bezahlung versteht sich. Es wird in der Zukunft auch nicht weniger werden….es ist jetzt bereits schon klar….es wird noch viel mehr werden! Noch schlimmer ist jedoch der Umgang mit den Pferden. Wer die menschliche Arbeitskraft nicht zu schätzen weiß, der hört bei der tierischen Arbeitseinstellung nicht auf. 

Letzteres ist der Grund warum meine Freundin am liebsten von heute auf morgen den Arbeitsplatz verlassen würde. Mit viel Arbeit lässt sich sicher leben, aber die Pferde blutig zu schlagen, dazu kann sie sich nicht überwinden.Das diese Einstellung nicht dazu beiträgt die Gunst der hohen Herren zu erlangen, dass dürfte wohl jedem klar sein.

Tatsächlich ist meine Freundin schon seit Ihrer Ausbildung in die Gewerkschaft (IGBAu) eingetreten, nicht zuletzt dank dieser Seite hier. 

Was mich persönlich nun interessieren würde, lohnt es sich mit Hilfe der Gewerkschaft gegen diese katastrophalen Zustände vorzugehen? Macht vielleicht eine Klage vor dem Arbeitsgericht Sinn um wenigstens die geleisteten Überstunden einzufordern? Gibt es eine Möglichkeit vielleicht sogar fristlos zu kündigen? Arbeits- und Pausenzeiten sind genau dokumentiert, Vorfälle schriftlich festgehalten. Zudem war der Arbeitsvertrag für mich von Anfang an sittenwidrig. Es geht hier gar nicht um das Geld sondern einfach um auch einmal ein Zeichen zu setzen…….

Dietbert Arnold, 30.08.2019

Liebe Petra,

das ist so eine Sache mit gutgemeinten Ratschlägen. Für mich wird immer deutlicher, dass Erfahrungen leider fast immer selber gemacht werden müssen. Dein Beitrag ist wieder einmal ein gutes Beispiel dafür.

Ebenfalls ist diese Geschichte ein gutes Beispiel, dass Betroffene alleine nur wenig Möglichkeiten haben, sich erfolgreich gegen Ausbeutung und Tierquälerei zu wehren. Anders sieht es aus, wenn da ein „großer Bruder“ einmal ein Machtwort spricht und dann auch mit viel Expertise berät und notfalls auch vor Gericht zieht. Ich habe hier schon mehrfach über die erfolgreiche Hilfe des Rechtsschutz der Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt hinweisen können. Wenn Einzelne nicht alleine stehen, dann fällt das Wehren weitaus leichter und ist nicht aussichtslos.

Ich darf und werde keine Rechtsberatung vornehmen. Dafür würde ich garantiert abgemahnt werden. Die Rechtsschutzsekretäre der IG Bauen Agrar Umwelt sind dafür ausgebildet und die dürfen das. Das Geniale dabei ist, dass der Rechtsschutz für die Mitglieder der Gewerkschaft kostenlos und Teil des monatlichen Gewerkschaftsbeitrages ist. Sozusagen „all inclusive“

Mein Rat an Deine Freundin: Schaue unter https://www.igbau.de/Bezirksverbaende.html nach, wo das nächste Mitgliederbüro der IG Bauen, Agrar, Umwelt ist und vereinbart einen Termin für eine Rechtschutzberatung. Dort werden Spezialisten genau sagen können, wie sich Deine Freundin wehren kann und welches die besten Schritte sind. Falls es widererwartend Probleme beim Kontakt zur IG Bauen, Agrar, Umwelt geben sollte, will ich gerne weiterhelfen. Sich Wehren setzt immer Zeichen und ich würde es gut finden, wenn ich gelegentlich Rückmeldungen bekomme, damit die vielen Leser dieses Internetauftrages sehen können, dass es sich lohnt für faire Bedingungen zu kämpfen und das Ausbeutung nicht erfolgreich ist. Manche Betriebe lernen scheinbar nur, wenn es finanziell richtig weh tut. Die Schwarzen Schafe dürfen keine Chancen haben.

Und eines sollte nie vergessen werden und macht Mut sich zu wehren: In allen Branchen, in denen es viele Gewerkschaftsmitglieder gibt und deshalb die Gewerkschaft ein gewichtiges Wort mitreden kann, sind die Löhne wesentlich höher und die Arbeitsbedingungen bedeutend besser. Das beobachtet das Statistische Bundesamt. Die Pferdewirte gehören leider nicht dazu, denn fast alle lassen sich ausbeuten und kommen nicht auf die Idee sich zu wehren. Ohne einen „großen Bruder“ im Nacken ist das Wehren leider erfolglos. Es wird in der Branche zwar viel über Missstände berichtet, aber wehren tun sich nur ganz wenige. Das muss sich ändern.

Über Überstunden: Unser Kind wird krank!

Autosave-File vom d-lab2/3 der AgfaPhoto GmbH
Pferdewirtin sein heißt zupacken können, aber Zeit zum Lernen muss sein.

Eine Mutter, die ihre Tochter beobachtet, seitdem sie in der Ausbildung zur Pferdewirtin ist.

Die ewigen Überstunden, natürlich unbezahlt, zeigen Wirkung:

Probleme tun sich im Moment in der Berufsschule auf…. durch das ständige Arbeiten bleibt keine Zeit für Vorbereitungen wie Hausaufgaben oder lernen für Arbeiten.

Mittlerweile holt man sich lieber einen Krankenschein, dass scheint besser als Arbeiten mitzuschreiben. Unsere Kinder haben Angst mit einer fünf da zu sitzen und das Klassenziel nicht zu erreichen.

Keine Zeit zum Lernen für Arbeiten bedeutet Stress und Kopfschmerzen. So etwas wie Migräne kannten wir bei unserem Kind bislang überhaupt nicht. Aber es war auch bislang nicht dessen Art völlig unvorbereitet zur Schule zu gehen.

Berichtshefte schreiben funktioniert auch nicht. Zumindest Arbeitszeiten werden gerade notiert. Keine Zeit für Wochen- und Erfahrungsberichte. So macht die Berichtsheftarbeit keinen Sinn. Da wird dann einfach irgendwann im Urlaub nur abgeschrieben. Bloß fertig werden.

Mit Ausbildung hat das alles nichts zu tun.

Da hilft nur das Arbeitsgericht

Gerichtssaal
„Justizzentrum Aachen-Gerichtssaal01“ von ACBahn

n.n., 16.02.2015

Hallo Herr Arnold,

vielen Dank für die viele Arbeit, die sie in ihre Seite stecken.

Auch ich bin Pferdewirtin im 3. Lehrjahr, habe mir die ganze Zeit zu viel gefallen und mich ausnutzen lassen, und werde nun, weil sämtliche Geduldsfäden gerissen und alle Grenzen überschritten sind, den Rechtsweg vors AG bestreiten müssen.
Dafür habe ich mit bereits die Beihilfebescheinigung (=“kostenloser Anwalt“) besorgt und werde demnächst auch den Ausbildungsberater auf den Betrieb holen, damit meinen Chefs klar wird, dass es tatsächlich noch Regeln gibt, an die auch sie sich halten müssen.
Was da abgeht ist heftig, die Betriebseigentümer (übrigens Anwälte…) kümmern sich kaum, leben wie die Maden im Speck, und meine Chefs lassen sich ebenfalls alles gefallen, lassen dass dann an mir, den Kunden und (eher ungewollt allerdings) auch an den Pferden aus. Je länger ich hier bin, desto schlimmer wird es.
Moral wird hier sehr klein geschrieben oder völlig unter den Teppich gekehrt.

Die IG Bau scheint mir in diesem Fall nicht mehr helfen zu können/wollen, da ich mich zu spät gemeldet habe.

Es geht um die üblichen Probleme, Schikanen, Überstunden en masse, fehlende Ausbildung an sich………
Mittlerweile habe ich meinen Plan nochmal überarbeitet; ich werde ein anschließen und als Pferdewirt nur noch auf selbstständiger Basis arbeiten; meinen Lebensunterhalt dann mit einem anderen Beruf bestreiten.

Ich finde es heftig, wie dreist und unverschämt manche Betriebe sind. Man müsste eigentlich eine „Blacklist“ einführen…….. Oder eben eine „Whitelist“……
Wäre so etwas möglich; eine Auflistung der anerkannten Betriebe gibt es ja bereits, aber wäre auf Basis dessen auch ein Rating möglich, oder begibt man sich da auf ein rechtlich schwieriges Gebiet?

Viele Grüße,

Hilfe, ich werde nicht ausgebildet!

n.n. schreibt:

Hallo, ich hoffe, es ist okay, wenn ich hier jetzt einfach so meine Frage stelle!

Ich bin im 3. Lehrjahr zur Pferdewirtin mit dem Schwerpunkt Reiten.

Wir sind in unserem Betrieb mit insgesamt 3 Azubis, wovon die beiden anderen zwar schon länger da sind (Praktikum, Kunde) aber noch im 2. Lehrjahr sind.

Mein Problem ist, dass ich in meinem Betrieb nichts lerne. Ich reite bei uns nur Pferde an bzw. reite die bereits angerittenen Pferde weiter während die anderen beiden die weiter ausgebildeten Pferde reiten und auf Turnieren vorstellen. Mein Chef begründet es meist damit, dass die eine Azubine schon länger da ist und die andere stärker reitet. Das ist ja auch ein verständliches Argument, nur wenn ich nicht gefördert werde, wie soll ich es dann besser machen bzw. etwas lernen?

Wir haben einen Tag in der Woche frei, alle am selben, Mittwochs und eine von uns jeden zweiten Sonntag.

Alleine an den 4 Tagen unter der Woche arbeiten wir 11-12 Stunden täglich, meist ohne Pause, dann kommt noch der Wochenenddienst hinzu, Samstags 10h und jeden zweiten Sonntag im Schnitt 8h.

Ich darf nicht zur Berufsschule, da ich nur noch Berufsschulberechtigt aber ncht mehr -pflichtig bin und dann einen Tag im Betrieb fehlen würde.

Desweiteren besitze ich einen Trainerschein der Kategorie C. Leistungssport, mein Chef sagt, das wäre Prüfungsvorbereitung genug und den Rest könnte ich in meiner Freizeit lernen.

Meine Abschlussprüfung muss ich selbst bezahlen, da ich an diesem Ausbildungsbetrieb meine Ausbildung nur beende und nicht angefangen habe.

Ich weiss auch, dass das nicht in Ordnung ist, aber man kan sich ja vorstellen, was passiert, wenn man seinen Mund aufmacht.

Hinzu kommt noch, dass das Klima auf der Arbeit richtig schlecht ist. Keiner redet miteinander, alle arbeiten für sich.

Ich bin mittlerweile sehr frustriert und würde meine Ausbildung am liebsten abbrechen. Ich hätte wahrscheinlich auch einen Betrieb, der mich übernehmen würde. Das Problem ist nur, ich war wegen einer Operation am Handgelenk (aufgrund zu hoher Belastung) 8 Wochen krankgeschrieben, mein Chef würde mich nicht gehen lassen, da ich ja währenddessen angestellt war und er meine Zwischenprüfung bezahlt hat. Was soll ich denn jetzt machen? Ich halte es dort nicht mehr aus! Habe ich ein Recht auf einen Aufhebungsvertrag? Kann ich einfach kündigen und meine Ausbildung woanders zuende machen?

Für Hilfe wäre ich sehr dankbar, meinen Namen behalte ich lieber für mich, da ich Angst habe, mein Chef liest das hier.

Dietbert Arnold antwortet:

Hallo n.n., klar dass ich Deinen Namen nicht nenne, damit Dein Chef das alles brühwarm liest. Dein Ausbilder verstößt mehrfach gegen viele Gesetze und Verordnungen.

  • Natürlich beträgt Deine Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche, so steht es im Berufsausbildungsvertrag.
  • Natürlich muss das Arbeitszeitgesetz eingehalten werden.
  • Natürlich müssen Überstunden zusätzlich vergütet werden, so steht es im Ausbildungstarifvertrag für die Landwirtschaft.
  • Natürlich muss er Dich zur Berufsschule lassen, so steht es im Berufsbildungsgesetz.
  • Natürlich muss er Dich nach der Verordnung zum Ausbildungsberuf Pferdewirt gewissenhaft ausbilden.
  • Natürlich muss der Ausbildungsbetrieb die Kosten der Abschlussprüfung bezahlen, so steht es im Berufsbildungsgesetz und im Berufsausbildungsvertrag.

Du möchtest jetzt wissen, was ich darüber denke und was ich meiner Tochter empfehlen würde: Nach meiner langjährigen Erfahrung als Prüfer weiß ich, dass Du, so wie Du die Situation schilderst, keine Chance hast, die Abschlussprüfung zu bestehen. Wie willst Du denn ohne ordentliche Ausbildung und solide Übung eine Kandaren- L reiten, wie willst Du gefahrlos einen L- Parcours überwinden, wie willst Du Dressur- und Springunterricht erteilen, wie willst Du die gesamte Theorie so beherrschen, dass Du entsprechende Aufgaben bewältigen kannst? Alleine der Hinweis Deines „Ausbilders“, der Trainer C sei Prüfungsvorbereitung genug, ist eine Frechheit und entspricht keinesfalls der Wahrheit!! Mit dem Trainer C wirst Du die Abschlussprüfung nicht schaffen. Das ist völlig unstrittig!

Wenn Du jetzt nicht die Notbremse ziehst, entweder Deinen Ausbilder zu überzeugen, Dich endlich richtig auszubilden oder aber den Betrieb zu wechseln, hast Du ein ganz dickes Problem! Brav warten und auf ein Wunder hoffen, wird nicht funktionieren!

Ich rate Dir zu folgendem:

1. Alle Arbeitszeiten und alle Tätigkeiten (Ausbildungen!?) dokumentieren! Schön brav in das Berichtsheft eintragen.

2. Sofort die Zuständige Stelle informieren und deutlich machen, dass DU nicht ausgebildet wirst und das DU sofortige Hilfe erwartest.

3.Sofort in die IG BAU eintreten und dort um Rechtsschutz bitten. Die beraten Dich dann über die Arbeitszeiten und Lohnnachforderungen sowie über die nicht erfolgte Ausbildung. DU kannst nämlich den Ausbilder für die nicht erfolgte Ausbildung schadenersatzpflichtig machen.

4. DU gehst ab sofort regelmäßig in die Schule. DU machst das einfach.

5. Versuche sofort einen neuen Ausbildungsbetrieb zu finden. Bei den Ausbildungsverstößen kündigst Du ohne jede Vorwarnung, falls Du die neue Ausbildungsstelle hast. In die Kündigung schreibst Du einfach: Begründung:

  • Verbot die Berufsschule zu besuchen,
  • mangelnde Ausbildung nach Verordnung zum Beruf Pferdewirt,
  • Verstoß gegen Arbeitszeitgesetz
  • Kein Freizeitausgleich bzw. Bezahlung der Überstunden
  • Kostenforderung zur Abschlussprüfung

Dein Chef hat keine Chance, sich gegen diese Kündigung zu wehren und auch die Zuständige Stelle muss den Wechsel so akzeptieren.

Das hätte ich meiner Tochter gesagt, jetzt kannst Du Dir überlegen, ob die Tipps gut oder schlecht sind. Eines ist aber sicher, wenn da nichts passiert, dann gibt es Tränen bei der Abschlussprüfung! Und ohne Konflikt wird es nicht gehen, Deine Situation zu verbessern. Nicht nur beim Reiten braucht man/frau Rückgrad, auch im Umgang mit „Ausbildern“. Ich jedenfalls drücke Dir die Daumen, dass Du die richtigen Entscheidungen triffst.

Über Überstunden

Es gibt wohl kaum ein Thema, welches lernende oder ausgelernte Pferdewirte mehr betrifft: Die Überstunden!

Hier die ganze Wahrheit über Überstunden

  • Grundsätzlich legt ein Arbeitsvertrag bzw. Berufsausbildungsvertrag fest, wie viele Stunde ein Mitarbeiter in der Woche leisten muss. Ist die wöchentliche Arbeitszeit nicht angegeben, nimmt man eine 40-Stunden-Woche an. Mehr als 48 Stunden je Woche dürfen nicht vereinbart werden. Sollte doch, dann ist das nicht gültig, da sittenwidrig.
  • Arbeitnehmer und Auszubildende sind nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn hierzu keine Regelung im Arbeitsvertrag steht. Also: Arbeitgeber können nicht generell Überstunden anordnen!
  • Nur in Notfällen dürfen Arbeitgeber Überstunden anordnen. Dabei muss es sich wirklich um Notfälle handeln, mit Gefahr für Leib und Leben oder dem Verlust hoher Sachwerte. Notfälle können nicht wöchentlich auftreten. Regulär anstehende Geburten sind normal, geplant und somit kein Notfall. Kolik, Verschlag und Vergiftung zählen sicherlich zu den Notfällen.
  • Einigen sich Arbeitgeber/Ausbilder und Mitarbeiter auf Überstunden, dann sind diese grundsätzlich zu entlohnen oder auf Wunsch des Mitarbeiters in Freizeit auszugleichen. Überstunden müssen nicht mit einem Zuschlag gezahlt werden, es gilt der normale Stundensatz. Bei Auszubildenden gehen die Ausbildungstarifverträge von einer Überstundenvergütung von ca. 7,50 €/h aus.
  • Nur leitende Angestellte müssen unbezahlte Überstunden leisten
  • Die maximale, normale Arbeitszeit darf höchstens 8 Stunden/Tag oder 48 Stunden/Woche betragen.
  • Arbeitgeber dürfen selbst bei Überstunden niemals länger als 10 Stunden/Tag oder 60 Stunden/Woche arbeiten lassen, selbst wenn die Überstunden korrekt bezahlt werden.
  • Verstöße gegen zu lange Arbeitszeiten ahndet das Gewerbeaufsichtsamt mit Ordnungsgeldern, bei Azubis zusätzlich die Zuständige Stelle. Es drohen dem Arbeitgeber und auch dem Ausbilder erhebliche juristische Konsequenzen: Pro Verstoß kann das Gewerbeaufsichtsamt Bußgelder bis zu 15.000 EUR verhängen. Wiederholungstätern und Unbelehrbaren rückt die Staatsanwaltschaft auf den Leib. Sogar Gefängnis für den Chef ist dann drin.
  • Klagen über zu hohe Arbeitsbelastungen sowie Nachforderungen über verweigerte Überstundenlöhne muss man grundsätzlich beweisen können. Arbeitnehmer sollten immer eine Liste der täglichen Arbeitszeiten führen, Azubis sind gut beraten, im Wochenbericht wahrheitsgemäß Dienstbeginn und Dienstende für jeden Tag zu notieren, die dann der Ausbilder abzeichnet.
  • Nach Ende eines Arbeitsverhältnisses ist max. 3 Monate Zeit, nicht gezahlte Überstunden einzufordern. Notfalls beim Arbeitsgericht. Danach sind diese Forderungen verjährt.

Turnierbesuch Arbeitszeit?

  • n.n

Meine Freundin macht eine Ausbildung zur Pferdewirtin, Klassische Reitausbildung. Leider läuft in ihrem Ausbildungsbetrieb einiges schief (in einem Ausbildungsjahr ca. 200 Überstunden; nicht eingehaltene mündliche Zusagen der Chefin; arbeiten an jedem Samstag im Monat, meist ohne Ausgleich;…). Mein jetziges Problem: Sie hat einige Ausbildungspferde, die ihr von den Besitzern zur Verfügung gestellt werden (vielleicht sollte ich erwähnen, dass die Besitzer der Chefin sogar noch 150 Euro pro Pferd dafür bezahlen, dass meine Freundin diese bereitet). Mit diesen Pferden soll sie auch auf Turnieren starten, die am Wochenende stattfinden. Nun kommt die Chefin nach knapp einem Jahr und verlangt, dass für die Turniere jetzt auch Urlaub genommen werden muss (was natürlich nicht machbar wäre). Meine Frage ist also, inwiefern die Turnierzeiten zur Ausbildung hinzugerechnet werden / werden müssen, oder ob diese überhaupt nicht dazu zählen. So langsam verzweifle ich nämlich an dieser Dame, die immer mit neuen Regeln kommt und sich nicht an die vor dem Start der Ausbildung gemachten Zusagen hält.

  • Dietbert Arnold

Zunächst einmal entschuldige bitte die späte Antwort. Erst war ich ein paar Tage nicht daheim und dann war die Mail irgendwie weg. Jetzt aber!

Eigentlich ist das ganz einfach zu beantworten: Wenn die Ausbilderin anordnet, dass ihr Azubi zum Turnier gehen soll, dann ist das Arbeitszeit und natürlich auch gesetzlich unfallversichert. Wenn die Pferdebesitzer einen Azubi bitten, mit ihrem Pferd zum Turnier zu gehen, dann ist das Freizeit. Eigentlich ganz einfach. Wer wofür Geld bekommt, ist nicht wichtig. Der Auftrag der Ausbilderin ist wichtig. 

Schaut doch mal ins Berichtsheft. Wenn dort im Wochenbericht steht, dass ein Turnierbesuch stattgefunden hat und die Ausbilderin das unterschrieben hat, dann war das Turnier doch Arbeitszeit. Das wurde doch so abgezeichnet. Jetzt sieht man mal wieder, wie wichtig ein ordnungs- und wahrheitsgemäßes Berichtsheft ist. Es wird auch deutlich, warum der Gesetzgeber von Ausbildungsnachweis spricht und nicht von Berichtsheft.

Ob Samstags gearbeitet werden muss, das ergibt sich eindeutig aus dem Ausbildungsvertrag. Da muss z.B. drinstehen, ob es sich um eine 5- oder 6- Tagewoche handelt. Auch das ist völlig eindeutig.

Jetzt mal was anderes: Warum schreibt Deine Freundin eigentlich nicht selber? Denkt die anders? Ich finde immer, dass sich die wehren sollen, die es betrifft. Oder auch nicht. Deine Freundin ist doch selbständig oder sollte es besser jetzt lernen.

Überstunden

  • n.n.

Einen schönen guten Tag,

Ich habe da mal eine frage bezüglich der Überstunden. Ich bin selber Azubi und ich weiß  das mit den vertraglich festgelegten stunden wird nicht so ernst genommen, zumindest nicht vom Arbeitgeber. 😉 ich muss dazu sagen bei beginn meiner Ausbildung 2009 habe ich noch etwas ausgeglichen bekommen, zwar nicht viel nur ein paar stunden, aber ein bisschen.(das ist ab und zu schon sehr viel wert) So, ich habe einen 45 std vertrag, mache aber rundweg mit unterricht und wochenenddienst ca 65 std die Woche, ohne wochenenddienst sind es dann ca  55 std jede Woche, einmal im Monat bekommen wir einen Ausgleichsvormittag von 4 std. Bei Sonderveranstaltungen an meinem freien Wochenende stehe ich da und helfe mit und bekomme einen Essensgutschein für eine Suppe, aber von Ausgleich keine rede mehr, das hat sich alles geändert.

mein Chef ist auch der Meinung das  Überstunden mit dazu gehören, aber auch in dem Maß?  

Er lässt auch nicht mit sich reden, da stößt man auf Granit, selbst Apollo 13 wäre kooperativer gewesen! ?  

Was können wir Auszubildende tun, damit sich was  ändert?

An wen können wir Azubis uns wenden?

Oder ist das, das Leben der Pferdewirt- Azubis?

  • Dietbert Arnold

Was Du da berichtest, ist wahrlich kein Einzelfall. Grundsätzlich sind Pferdewirte und Pferdewirtazubis auch Menschen und für die gelten Recht und Gesetz. Auch wenn viele Ausbilder meinen, Recht und Gesetz gelte nicht auf Reitbahnen. 

Jetzt erst einmal ein paar Fakten: Für volljährige Azubis gilt natürlich das Arbeitszeitgesetz. Im Ausbildungsvertrag muss die regelmäßige, tägliche Arbeitszeit eingetragen sein. Eine alleinige wöchentliche Arbeitszeit ist nach § 11 Berufsbildungsgesetz nicht ausreichend! Die tägliche Ausbildungszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten! Ausnahme: Gelegentlich sind 10 Stunden am Tag erlaubt, wenn in einem Zeitraum von einem halben Jahr es nicht zu mehr als durchschnittlich 8 Stunden werktäglich kommt. Auf gut Deutsch, 10 Stunden sind in Arbeitsspitzen erlaubt, müssen aber ausgeglichen werden.

Grundsätzlich gilt, dass Du die Arbeitszeitübertretungen beweisen musst. Deshalb rate ich allen Azubis, die Wochenberichte äußert korrekt und zeitnah zu führen. Das kann nur geschehen, wenn Ihr bei den Wochentagen auch die Uhrzeiten aufschreibt. Falls das Notieren im Berichtsheft nicht möglich sein sollte, dann führt regelmäßig einen Kalender mit genauen Arbeitszeiten täglich. Auch wer mit seinem Arbeitgeber derzeit zufrieden ist, sollte diese Aufzeichnungen sehr sorgfältig führen, wer weiß, was noch kommt. Wenn man es umsonst gemacht hat, dann freut Euch.

Weiterhin gilt natürlich, dass Überstunden entweder bezahlt oder ausgeglichen werden müssen. Das gilt natürlich auch für Sonn- und Feiertage. Schließlich haben auch Pferdewirte Weihnachten und ein Osterfest!

Für die Überwachung der Ausbildung, und natürlich auch der täglichen Ausbildungszeit, sind die Zuständigen Stellen gesetzlich verpflichtet. Also wendet Euch an den Ausbildungsberater! 

Weiterhin überwachen die Gewerbeaufsichtsämter die Arbeitsbedingungen und auch die Arbeitszeit. Gewerbeaufsichtsämter sind verpflichtet, auf Wunsch anonym zu handeln.

Ja, und dann gibt es auch für Pferdewirte eine handlungsfähige, durchsetzungsstarke Gewerkschaft, die IG Bauen, Agrar, Umwelt. Auch hier können sich Mitglieder (es lohnt sich also für ein paar Euro Mitglied zu werden) informieren, Rechtsrat einholen und notfalls auch Rechtsschutz bei einer Klage erhalten. Das kann schon böse weh tun für einen Arbeitgeber, wenn er für viele Monate nachzahlen muss. 

Und was Ihr alle auch wissen müsst: Der Besuch der Berufsschule ist sicher nach der neuen Verordnung überlebenswichtig. Jeder Azubi hat das gute Recht die Berufsschule zu besuchen und natürlich zählt die Berufsschule und der Schulweg mit zur täglichen Ausbildungszeit!

Was meinst Du, hilft Dir das weiter?

  • n.n.

hallo ich bin es noch einmal,

nun ich hab über das thema Überstunden mit meinen kollegen gesprochen.es hat keiner einen nachweis, also sich die stunden notiert die wir miehr gemacht haben,was können wir dann tun?

  • Dietbert Arnold

Ist doch klar, was Ihr ab jetzt tun werdet, oder? 

Was könnt Ihr jetzt tun? Ich an Eurer Stelle rate Euch, dass sich die Überstundengebeutelten noch mal zusammensetzen und dann Mitglied der Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt werden. Und genau dann könnt Ihr Euch von den Profis dort beraten lassen. Die analysieren genau Eure Situation, besprechen Möglichkeiten und wenn Ihr dann wollt, versuchen die eine Lösung herbeizuführen. Das kann ich hier an der Tastatur nicht leisten, das muss ganz individuell geschehen. Wenn Du einen Ansprechpartner zur Gewerkschaft brauchst, schicke mir eine eMail mit Deiner Adresse und ich vermittele Dir Hilfe. Darauf kannst Du Dich verlassen. Natürlich wird diese Mail dann nicht veröffentlicht. Deshalb habe ich ja auch nicht Deinen Namen genannt.