BAYERN: IG BAU erreicht einen besseren Tarifabschluss für Euch!

  • Zum 1.Juli 2021 werden die Entgelte um 2,7 Prozent erhöht
  • Vollbeschäftigte Landarbeiter*innen erhalten für die Monate Januar 2021 bis einschließlich Juni 2021 eine pauschale Nachzahlung von insgesamt 400 Euro sowie zeitweise Beschäftigte anteilig.
  • Die Ausbildungsvergütung erhöht sich zum 1.Juli 2021:  
    • Im ersten Ausbildungsjahr auf 725 Euro, 
    • im zweiten Ausbildungsjahr auf 805 Euro   
    • und im dritten Ausbildungsjahr auf 870 Euro.
  • Auszubildende erhalten für die Monate Januar 2021 bis einschließlich Juni 2021 eine pauschale Nachzahlung von insgesamt 180 Euro.

Welche Regeln gelten eigentlich? Gibt es einen Tarifvertrag für Pferdewirte?

n.n., 24.02.2020

Guten Tag Herr Arnold, 

mein Name ist n.n.(dem Admin bekannt), ich habe hier auf dem Hof, auf dem ich bisher eine Vollzeitanstellung hatte, fristgerecht auf Ende Februar gekündigt. 

Meine Arbeitgeberin ist was den letzten Arbeitstag betrifft nicht sehr kooperativ und beruft sich auf Überstunden, die ich laut Vertrag noch abzuleisten hätte. 
Ich stehe aktuell mit mehreren Leuten im Kontakt um das ganze zu klären. 
Da kam die Frage auf, nach den Regelungen im Tarifvertrag bezüglich Mehrarbeit und Überstunden, was bedeutet das usw. . Gibt es überhaupt einen Tarifvertrag und wenn ja, wo finde ich den? 

Dietbert Arnold, 01.03.2020

Liebe n.n.,

leider musstest Du ein wenig auf eine Antwort warten, weil ich anderweitig unterwegs war. Da ich diese Seite in meiner Freizeit betreibe, kann es deshalb vereinzelt zu Wartezeiten führen. Nun aber zu Deinem Problem:

Für Pferdewirte/innen gibt es KEINE Tarifverträge. Ausnahmen sind die Landgestüte als Arbeitgeber. Warum seid Ihr nicht tarifgebunden oder besser ausgedrückt durch einen Tarifvertrag geschützt. Die Antwort ist ganz einfach: Einen Tarifvertrag für eine Berufsgruppe schließen immer die Arbeitgeberorganisation und die Arbeitnehmerorganisation. Bei den Arbeitgebern sind das der Arbeitgeberverband und bei den Arbeitnehmervertretern die Gewerkschaft. Diese beiden Sozialpartner beraten über die Bedingungen der Arbeit und schließen Lohn- und Manteltarifverträge ab. Die gelten aber nur, wenn der Betrieb im zuständigen Arbeitgeberverband und die Mitarbeiter in der zuständigen Gewerkschaft Mitglied sind.

Für die Betriebe ist die Situation doch easy, keine Regeln aus einem Tarifvertrag bedeutet, die können fast alles machen, was sie wollen. Kein Wunder also, dass Berufe mit Tarifverträgen im durchschnitt doppeltet so hohe Gehälter haben als tariffreie Branchen.

Und jetzt könnte ich sagen: Ihr habt ja alle selber Schuld, dass Ihr keinen Tarifvertrag habt! Ein bisschen stimmt das nämlich. Warum? Ganz einfach, kaum ein Pferdewirt/in ist Mitglied in ihrer Gewerkschaft (Gewerkschaft Bauen Agrar Umwelt, IG BAU) und deshalb können die ganz wenigen, organisierten Pferdewirte/innen die Arbeitgeber nicht zwingen, auch sich im Arbeitgeberverband zu organisieren und einen Tarifvertrag abzuschließen. Die Arbeitgeber haben natürlich überhaupt kein Interesse, einen Tarifvertrag zu vereinbaren und haben auch verdammt wenig Respekt vor ihren Arbeitnehmern. Die sind ja nicht organisiert und kommen nur einzeln unter die Augen der Chefs. Dann werde die meisten natürlich ganz klein. Nur wenn Ihr Euch alle organisiert, dann sieht das Ganze schon anders aus, weil Ihr Pferdewirte/innen dann sagen könnt: Chef, wenn das nicht fairer wird mit der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen, dann streiken wir mal, dann könnt ihr alle alleine mal den Stall machen. Und das scheuen Chefs wie der Teufel das Weihwasser.

Also gilt für Dich der Arbeitsvertrag, den Du mit Deinem Betrieb abgeschlossen hast. Ich hoffe, Du hast einen Arbeitsvertrag? In dem Arbeitsvertrag muss eigentlich stehen, wie viele Stunden Du zu arbeiten hast. Hast Du Deine Arbeitszeiten dokumentiert? Eigentlich muss auch Dein Arbeitgeber die wichtigsten Bestimmungen des Arbeitsvertrages niedergeschrieben und auch die Stunden dokumentiert haben. Wenn Du natürlich keine Aufzeichnungen hast, dann kann Dein Betrieb natürlich viel behaupten.

Was tun?

Du brauchst eine richtige Rechtsberatung. Die würde die Gewerkschaft Bauen Agrar Umwelt natürlich kostenfrei für Dich vornehmen und notfalls auch Dich vor Gericht vertreten. Dumm ist, dass Du wahrscheinlich nicht Mitglied der Gewerkschaft bist und der Versicherungsfall natürlich schon eingetreten ist. Laut Satzung vertritt die Gewerkschaft Dich dann nicht, weil, wenn alle erst eintreten, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, dann habt ihr natürlich nicht genug Beiträge geleistet, diesen Rechtsschutz zu finanzieren. Gewerkschaften finanzieren sich grundsätzlich durch die Mitgliedsbeiträge ihrer Mitglieder. Und dennoch kannst Du einmal bei der IG BAU vorsprechen, ob sie Dir trotzdem helfen. Wenn das so sein sollte, dann darfst Du natürlich nicht im Mai austreten. Das wäre einfach nur unfair, weil Du die Mitgliedsbeiträge vieler IG BAU- Mitglieder verbraucht hast, ohne selber in „guten“ Zeiten das ein wenig auszugleichen.

Wenn die Gewerkschaft sagt, dass sie Dich nicht vertreten kann (was Du sicher verstehen könntest), dann rate ich Dir Dich bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen. Die Beratung und vielleicht ein deutlicher Brief des Anwaltes kostet nicht die Welt. Hilft aber oft. Rede einfach bei der ersten Beratung auch über Kosten. Das ist völlig normal und Anwälte sind deshalb nicht böse. Du wirst ja auch gefragt, was eine Reitstunde bei Dir kostet.

Wenn Du schlau bist, dann lasse entweder von der Gewerkschaft bzw. vom Anwalt Deinen neuen Arbeitsvertrag ansehen, bevor Du ihn unterschreibst. Und denke daran, unter 12,00 brutto jede Stunde gelten Arbeitnehmer nach Ansicht der Europäischen Gemeinschaft als arm!

Wenn Du weitere Fragen hast, dann melde Dich einfach wieder. Ich hoffe, es geht dann rascher.

Endlich realistische Lohnempfehlungen

Lange hat es gedauert, nun aber sind erstmals seriöse Gehaltsempfehlungen der Bundesvereinigung der Berufsreiter für Pferdewirte/innen und Pferdewirtschaftsmeister/innen herausgegeben worden.

Jetzt ist es soweit, die Bundesvereinigung der Berufsreiter gibt seriöse Empfehlungen für Pferdewirte und Pferdewirtschaftsmeister heraus und nennt damit Gehälter, die als fair zu bezeichnen sind.

Besonders gut ist, dass auch die dazu passenden Stundenlöhne genannt werden, damit alle Mitarbeiter auch erkennen können, wie hoch die Überstundenbezahlung auszusehen hat.

Betriebe, die sich nicht an die Empfehlungen der Bundesvereinigung der Berufsreiter halten und deutlich weniger bezahlen, gehören mit Sicherheit zu den Arbeitgebern, die nicht fair entlohnen. Um diese Betriebe müsst Ihr einfach einen ganz großen Bogen machen.

Wer von Euch einen neuen Betrieb sucht und sich dort bewerben will, der findet in den Gehaltsempfehlungen einen guten Hinweis, welche Gehälter von Euch selbstbewusst gefordert werden können, ohne unverschämte Forderungen zu stellen. Einfach nur Euer gutes Recht!

Und wer derzeit beschäftigt ist und beim Lesen feststellt, dass er/sie viel weniger Lohn bekommt, der/die sollte dringend sich um eine neue Stelle bemühen, falls ein mutiges Gespräch mit dem Chef nichts bringt. Lasst sie alleine misten, diese Geizhälse!

Die Gehaltsempfehlungen der Bundesvereinigung sind privat herausgegeben und und sind leider keine offiziellen Tarifverträge. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die in den Empfehlungen niedergeschriebenen Gehälter als üblich anzusehen sind. Mehr geht immer, weniger geht gar nicht.

Die alten Gehaltsempfehlungen 2017/2018 könnt Ihr hier herunterladen

Die im März 2019 bei der Berufsreitertagung beschlossene deutliche Erhöhung findet Ihr hier

Thüringen: Sture Arbeitgeber!

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Weil die Arbeitgeber in Thüringen ihre Mitarbeiter so niedrig entlohnen wollen, dass es nicht für ein lebenswertes Dasein reicht und es sie später in die Altersarmut treibt, hat die IG BAU die Gespräche über einen neuen Tarifvertrag abbrechen müssen.

Die IG BAU wird den Arbeitgebern nun erneut einen Vorschlag unterbreiten. Ein neuer Verhandlungstermin wurde bisher nicht vereinbart.