Erneut sehr hohe Zahl der vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge

Auch im Jahr 2018 gehört der Beruf Pferdewirt/in unrühmlich zu den Spitzenreitern bei den vorzeitig aufgelösten Ausbildungsverträgen. Fast die Hälfte aller Auszubildenden ist von seiner Berufsausbildung so enttäuscht, dass sie ihren Ausbildungsbetrieb vorzeitig verlassen. Fragt man nach den Gründen, dann wird unisono geantwortet, dass es weder eine solide Ausbildung noch ein Mindestmaß an Wertschätzung gibt, stattdessen aber Arbeitstage mit regelmäßigen, aber unbezahlten Überstunden.

Klar gehört das Misten zur Berufsausbildung. Aber eben auch eine ganze Menge mehr.

Eine rühmliche Ausnahme scheint die Fachrichtung Klassische Reitausbildung zu werden, denn in dieser Sparte ist die Zahl der vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge deutlich geringer, „nur“ noch 37%. In dieser Fachrichtung scheinen die meisten Betriebe die mahnenden Worte der Berufsbildungspolitiker verstanden und beherzigt haben, dass ein Beruf, der sich nicht ordentlich um seinen Nachwuchs kümmert, sich in nicht zu ferner Zukunft selber auflöst.

Ob diese Aussage auch für die Fachrichtung Spezialreitweisen gilt, ist wegen der geringen Auszubildendenzahl nicht sicher zu sagen. Auf jeden Fall stellt sich im Jahr 2018 die Situation deutlich erfreulicher als andere Fachrichtungen dar.

Sorgen müssen sich Beobachter über die Entwicklung der Fachrichtung Zucht machen. Nachdem in den ersten Jahren erfreulich viele Auszubildende in dieser Fachrichtung gut aufgehoben fühlten, liegt die Auflösungsquote jetzt bei über 50%! Hier scheint etwas schief zu laufen!

Sorgen muss die Fachrichtung Pferdehaltung und Service machen. Hier scheinen die Auszubildenden nach wie vor als billige Mister eingesetzt werden. 53% der Azubis hat deshalb die Nase gestrichen voll und kehrt dem Beruf den Rücken. Und ehrlich, das ist sogar verständlich, denn fast alle Ausbildungsbetriebe missachten die Ausbildungsinhalte der aktuellen Verordnung. Auch die Zuständigen Stellen schauen dezent zur Seite. Bloß kein Stress mit den Ausbildungsbetrieben, immer schön den Schreibtisch sauber halten. Dabei hat der Gesetzgeber klar gesagt, dass die Zuständigen Stellen die Berufsausbildung zu überwachen haben.

Hier die Zahlen im Einzelnen:

  • Pferdehaltung + Service: 53,3%
  • Pferdezucht: 52,2%
  • Klassische Reitausbildung: 36,8%
  • Rennen: 80%
  • Spezialreitweisen: 27,3%
  • alle Fachrichtungen: 46,2%

Wenn Ihr mehr Infos aus dem offiziellen Zahlenwerk des Statistischen Bundesamtes sehen möchtet, kein Problem, dieser Link führt zur Berufsaubildungsstatistik 2018.

Ausbildungsstatistik 2017: Die Talfahrt setzt sich fort: Vorzeitige Vertragsauflösungen erneut gestiegen!

Die neue Ausbildungsstatistik 2017 des Statistischen Bundesamtes ist seit eigen Tagen veröffentlicht und muss besonders in der Pferdewirtschaft mit großer Sorge zur Kenntnis genommen werden.

Nach wie vor befindet sich der Beruf Pferdewirt im freien Fall.

Jetzt rächt sich die vielfach zu beobachtende, gewissenlose Berufsausbildung in diesem Beruf, bei der die Arbeitsleistung der Azubis im Fokus der Ausbildungsbetriebe steht und Ausbildung zur Nebensache gerät.

Maßlose Ausbilder machen den Beruf kaputt. Die Reaktion des Berufsstandes ist, vorsichtig ausgedrückt, verhalten, nur Schönreden ändert nichts! Wer Kritik übt, ist ein Nestbeschmutzer.

Das standardmäßig wiederholte Argument, hier platzen nur die Träume der Wendymädels ist so einfältig wie falsch. In kaum einen Beruf machen Schüler dermaßen oft Schülerpraktika, wie im Beruf Pferdewirt und schließlich haben ja Berufsausbilder den Ausbildungsvertrag nach sorgfältiger Prüfung der möglichen Azubis unterschrieben.  Oder suchen die tatsächlich nur billige Arbeitskräfte, weil die Betriebe in der Pferdewirtschaft wissen, dass sie mit ihren Auszubildenden sogar noch Geld verdienen.

Nicht zu leugnen: über 50% der Azubis schmeißt die Ausbildung vorzeitig hin. Die Begründung der Azubis, die ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig lösen, ist nahezu immer gleich:

  • mangelnde Wertschätzung,
  • mangelnde Ausbildung,
  • maßlose Arbeitszeiten.

Damit ist der Beruf Pferdewirt einer der traurigen Spitzenreiter bei den vorzeitigen Vertragslösungen in Deutschland. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 25%. Bei den Pferdewirten liegt die vorzeitige Lösungsquote bei mittlerweile über 50%!

Trauriger Spitzenreiter ist die Fachrichtung Klassische Reitausbildung mit 56%!

Auch Pferdewirtazubis haben ein Recht auf Ausbildung und sind keine billigen Arbeitskräfte. Die Wirklichkeit sieht aber oft anders aus.

Interessant ist der Vergleich der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und die vorzeitige Vertragsauflösung im Jahr 2016 und 2017 in Deutschland:

Neue und vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge 2016 und 2017

FachrichtungGeschlechtneue Verträge 2016vorz. gelöst. Verträge 2016neue Verträge 2017vorz. gelöst. Verträge 2017
Haltung & Servicem3918 (46%)3915 ( 38%)
w333153 (46%)327174 (53%)
Zuchtm66 (100%)153 (20%)
w5736 (63%)7533 (44%)
Klassische Reitausbildungm3315 (46%)3318 (55%)
w18999 (52%)216120 (56%)
Rennreitenm66 (100%)03
w93 (33%)126 (50%)
Spezialreitweisenm33 (100%)30 (0%)
w3012 (40%)3612 (33%)
alle Fachrichtungen705351 (50%)756384 (51%)
*Bei den ganz kleinen Fachrichtungen dürfen die %- Angaben nicht überinterpretiert werden, da bereits ein Azubi die Prozentzahl wesentlich beeinflusst.

 

Ein Beruf, der locker auf die Hälfte seiner Azubis verzichten kann, investiert zu wenig in seinen Nachwuchs und schafft sich mittel- und langfristig ab. Einzelne Fachrichtungen sind schon kräftig dabei.

Die Berechtigung Auszubildende einzustellen setzt voraus, sich an Recht und Gesetz zu halten, in Ausbildung zu investieren und den Wunsch nach einer billigen Arbeitskraft hinten anzustellen.

Übrigens:

  • Die guten Azubis brechen ab und gehen. Die, die gehen, haben in der großen Mehrzahl einen mittleren oder höheren Schulabschluss und entscheiden sich oft statt der enttäuschenden Berufsausbildung für ein Studium.
  • Obwohl viele Betriebe Jungen händeringend suchen, können sie nicht verhindern, dass z.T. ganze Jahrgänge ihre Ausbildung unter diesen Bedingungen hinschmeissen.
  • Den gesamten Bericht 2016 findet Ihr hier zum kostenfreien Download, den Bericht 2017 könnt Ihr hier downloaden.

Ausbildungsstatistik: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2016 – 2018

Auch die Landgestüte bilden Pferdewirte in den Fachrichtungen Klassische Reitausbildung, Zucht und Pferdehaltung & Service aus.

Die ersten Daten der Ausbildungsstatistik 2016 sind vorhanden. Bei der Auswertung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zwischen 2015 bis 2017 lässt sich folgender Trend ablesen:

  • Immer weniger Auszubildende im Beruf Pferdewirt, ein vorläufiger Tiefstand ist erreicht.
  • Die Fachrichtung Klassische Reitausbildung geht deutlich zurück und bleibt bei diesem Tiefstand. Ein kleines Plus von 1% ist Trendwende oder nur Zufall?
  • Die Fachrichtung Pferderennen halbiert sich innerhalb eines Jahres. Der Abschwung setzt sich 2017 fort. Es muss damit gerechnet werden, dass sich dieser Beruf sich langsam aber sicher aus der Berufsausbildung verabschieden muss. Jahrelange Fehlentwicklungen im Rennsport und mangelnde Wertschätzung der Auszubildenden über viele Jahre und wenig Engagement der Zuständigen Stellen, die Missstände in der Berufsausbildung abzustellen, führen dazu, dass der Bereich Pferderennen von Auszubildenden auch 2017 konsequent gemieden wird. Eine Mahnung an alle anderen Fachrichtungen, diesen Weg nicht zu beschreiten. Aus Fehlern könnte man/frau lernen.
  • Die Fachrichtung Pferdehaltung & Service legt 2015 zu 2016 zu, die Klassische Reitausbildung nimmt ab. Ein Ausweichen der Ausbildungsbetriebe zur Fachrichtung Pferdehaltung & Service, weil diese Fachrichtung vermeintlich leichter (günstiger für den Betrieb) ausgebildet werden kann und der Ertrag für den Betrieb durch die Arbeit eines Azubis in dieser Fachrichtung größer ist? Also: Wenn Ihr als Azubis die Fachrichtung Klassische Reitausbildung lernen möchtet, dann lasst Euch nicht von einem Betrieb schnell in die Fachrichtung Pferdehaltung & Service drängen. Holt Euch auf jeden Fall mehrere Beurteilungen von verschiedenen Betrieben, um zu entscheiden, ob Ihr Pferdehaltung & Service anstelle von der Klassischen Reitausbildung lernen solltet. Eine dramatische Wende 2016/2017: Die Fachrichtung bricht regelrecht ein. Minus 12%! Wahrscheinlich haben doch viele Interessenten bei ihrem Praktikum gemerkt, dass ein Großteil der Betriebe nur preiswerte Mister sucht und kein Interesse an einer soliden, umfassenden Ausbildung rund umfass Pferd und ihre Menschen hat.
  • Diese Statistik berücksichtigt noch nicht die Anzahl der Berufsabbrecher in der jeweiligen Fachrichtung.
  • Die Fachrichtung Zucht hat ihre motivierten Auszubildenden gefunden und steigt um 25% im Verlauf 2016/2017. Einen großen Beitrag liefert dazu der bei den Azubis besonders geliebte Eigenbestandsbesamungslehrgang. Nicht weil man da auf die Sause gehen kann, sonders richtig viel lernen kann. Dann macht es auch nichts, wenn das Lernen für die Abschlussprüfung sehr aufwändig ist. Andere Fachrichtungen können hier richtig lernen: Sorgfältige Ausbildung wird gewünscht, erwartet und dann dankend angenommen. Das Ergebnis sind zufriedene und lernbereite Mitarbeiter.
  • Die Spezialreitweisen tuen sich noch immer schwer, sich als Ausbildungsberuf zu sehen. Vielleicht wird das ja anders und ein Plus von 18% ist der Anfang in die richtige Richtung. Denn eines muss allen Betrieben klar sein: Ohne eigene Ausbildung wird es demnächst nur noch Personal aus Schwellenländern geben. Wenn überhaupt.

 

 

Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge

Fachrichtungmännlichweiblichmännlichweiblichmännlichweiblichmännlichweiblichmännlichweiblich
20152016201720182019
Klassische Reitausbildung4824636210332163319530171
Pferdehaltung & Service3934542372393273633033324
Pferdezucht186396315751257954
Pferderennen921312012312612
Spezialreitweisen627627336033027
alle Pferdewirte12970296684906668462778639

 

Ein Beruf schafft sich selber ab!

Wenn ein Berufsstand es nicht schafft bzw. es nicht schaffen will, wirkungsvoll gegen die Schwarzen Schafe im Beruf und in der Berufsausbildung vorzugehen und auch nicht bereit ist, seine Berufsausbildung zu modernisieren, dann darf man/frau sich nicht wundern, dass sich die erheblichen Missstände herumsprechen und Mitarbeiter und Auszubildende immer öfter einen großen Bogen um den Beruf Pferdewirt machen. Schon jetzt ist zu beobachten, dass nahezu alle guten Azubis nach der Ausbildung den Beruf verlassen.

Die aktuellen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Anzahl der Pferdewirtauszubildenden in Deutschland sinkt deutlich und die  Zahl der vorzeitigen Ausbildungsvertragslösungen erreicht bundesweite Spitzenquoten. 50 %, oder anders herum ausgedrückt, jede zweite Auszubildende bei den Pferdewirten schmeißt hin und kündigt den Ausbildungsvertrag. Die Gründe sind mangelnde Wertschätzung und fehlende Ausbildung durch die Ausbilder, die Pferdewirtschaftsmeister. Der nicht vorhandene Wille, die Neuordnung des Berufes Pferdewirtes umzusetzen, verhindert zusätzlich wirksam die Wandlung zu einer attraktiven, zukunftssicheren Berufsausbildung. Stattdessen verharren Arbeitgeber, viele Zuständige Stellen sowie die Berufsschulen in alten, überkommenen Strukturen und verpassen so die Chance, den Beruf Pferdewirt für junge Menschen attraktiv zu machen. Es keimt der Verdacht auf, der Berufsstand sucht lediglich mehrheitlich widerspruchslose, billige Pferdepfleger und nicht gut ausgebildete Pferdeexperten und tut alles, um überqualifiziertes, selbstbewusstes und gutes  Stallpersonal zu verhindern. Und weil die jungen Leute so schlecht ausgebildet sind, deshalb kann man sie auch nur so niedrig entlohnen, so das Argument eines Vorstandsmitgliedes der Bundesvereinigung der Berufsreiter.

Die Pferdewirtschaftsmeister sind ganz alleine für ihren Berufsstand verantwortlich. Derzeit ist nicht zu erkennen, dass sich der Berufsstand ernsthaft Gedanken macht, wie verhindert werden kann, dass ein Berufsstand in Verruf gerät. Es ist keine Prognose mehr sondern bereits Wirklichkeit, dass immer mehr Schulabgänger einen ganz großen Bogen um den Beruf Pferdewirt machen und nach der Schule gleich eine Hochschule oder Uni besuchen. Derzeit sind es schon 60% aller Schulabgänger, die den direkten Weg zur Hochschule einschlagen. Wenn dann ein Beruf noch in Verruf gerät, dann wird es in bereits wenigen Jahren nicht mehr möglich sein, auch nur annähernd genügend Azubis für den Beruf zu finden. Und ein Beruf ohne Berufsnachwuchs schafft sich selber ab

Statistik der Pferdewirtauszubildenden: Weniger Auszubildende (grüne Trendlinie) und davon löst jeder/e Zweite ihren Ausbildungsvertrag wieder auf (rote Trendlinie). Zufriedenheit mit der Berufsausbildung zum Pferdewirt/in sieht anders aus. Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Statistisches Bundesamt
Statistik der Pferdewirtauszubildenden: Weniger Auszubildende (grüne Trendlinie) und davon löst jeder/e Zweite ihren Ausbildungsvertrag wieder auf (rote Trendlinie). Zufriedenheit mit der Berufsausbildung zum Pferdewirt/in sieht anders aus. Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Statistisches Bundesamt