Falle statt Sprungbrett

Mindestlohn – Wenn der Lohn nicht zum Leben reicht wird es Zeit, sich Gedanken zu machen.

Einmal Niedriglohn – immer Niedriglohn

Welche Löhne sind in der Diskussion?

Wenn Statistiker über Löhne forschen und berichten, dann fallen die Begriffe Mindestlohn, Niedriglohn und Durchschnittslohn.

Der Mindestlohn ist derjenige, gesetzlich festgelegte Lohn, der mindestens jeder/e Mitarbeiter*in in Deutschland bezahlt bekommen muss, egal welche Ausbildung er/sie hat. Bis auf wenige Ausnahmen darf in Deutschland niemand weniger verdienen.

Das Statistische Bundesamt ermittelt jedes Jahr auch den Durchschnittslohn. Der Medianmittelwert, der hier berechnet wird, verhindert dass wenige Ausreißer den Mittelwert verunreinigen.

Zwischen dem Mindestlohn und dem Durchschnittslohn liegt der Niedriglohn, besser gesagt der Bereich mit dem Niedriglohn, auch Niedriglohnsektor genannt. Von Niedriglohn wird nach Definition der Organisation Für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) sowie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gesprochen, wenn weniger als 2/3 des Durchschnittslohnes erzielt werden.

Mindestlohn
2020
Niedriglohnsektor
2020
Durchschnittslohn 2020
Brutto- Stundenlohn9,359,36 – 11,0416,56
Brutto- Monatslohn (40 h)1.619,421.621,15 – 1.912,122.868,19
Armutsbereichjajanein
einfachste Anforderungen, überschaubarer Arbeitsbereich, Arbeit unter Aufsichtangelernte Arbeit in einem überschaubaren Arbeitsbereich, meist unter AufsichtSelbständig geplante und ausgeführte Arbeit
ungelernte HilfskraftPferdepfleger*inPferdewirt*in
DQR 1DQR 2/3DQR 4
Quellen: Statistisches Bundesamt, ILO, OECD

Jetzt könnt Ihr einschätzen, was eine faire Bezahlung für einen Pferdewirt*in ist und was Ihr wirklich bekommt.

Leider sind die Aussichten als Pferdewirt*in nicht geeignet, menschenwürdig entlohnt zu werden. Bitte denkt doch einmal darüber nach, dass der Durchschnittsstundenlohn brutto in Deutschland bei 16,00 € liegt. In der Landwirtschaft liegt der Durchschnittslohn nur bei 10,74 €. Damit ist die Landwirtschaft zusammen mit dem Gastgewerbe unrühmliches Schlusslicht beim Durchschnittslohn

BrancheBrutto- Durchschnittslohn
Energieversorgung € 27,18
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen € 24,11
 Information und Kommunikation € 23,74
Büro€ 16,00
Verkauf, Handel€ 13,00
Busfahrer€12,00
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft € 10,74
Gastgewerbe € 10,00
Quelle: Statistisches Bundesamt

Und jetzt kommt die Niedriglohnsackgasse

Vor vielen Jahren galt der Niedriglohn als erfolgreiches Instrument des Arbeitsamtes. Wirtschaft und Politik gingen davon aus, so das Ziel damals, dass es sich hier um einen Einstiegslohn für benachteiligte Personengruppen des Arbeitsmarktes handelt um diese wieder in das Arbeitsleben zu integrieren. Der Niedriglohnsektor sollte niedrigproduktiven Tätigkeiten, also Einfacharbeiten, vorbehalten werden.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: Geringverdiener (Mindestlohn bis Niedriglohn) haben bei uns in Deutschland kaum eine Chance besser bezahlt zu werden. Einmal Niedriglohn – immer Niedriglohn. Selbst Fachkräfte mit Berufsabschluss werden zunehmend unterhalb der Niedriglohnschwelle (€ 11,04 brutto/h) entlohnt. Auch für Fachkräfte gibt es kaum Wendemöglichkeiten in der Sackgasse. Leider steht bei der Berufswahl zum Pferdewirt*in nicht das Verkehrsschild: Keine Wendemöglichkeit.

Wer sein Leben als Pferdewirt*in plant, sollte die Niedriglohnsackgasse kennen und entsprechend planen, sonst wird die Berufswahl zum Pferdewirt*in zur Armutsfalle und nicht zum Sprungbrett in ein auskömmliches Berufsleben.

Tipp: Wenn Ihr mehr wissen oder in der Berufsschule z.B. im Politikunterricht diskutieren wollt, dann könnt Ihr diese Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes nutzen.

Mindestlohn: Was ändert sich am 1.1.2017?

Der Mindestlohn steigt!
Der Mindestlohn steigt! Auch in der Landwirtschaft gilt jetzt ein einheitlicher Mindestlohn in Ost und West!

Der gesetzliche MIndestlohn steigt ab 1. Januar 2017 von brutto 8,50 Euro auf 8,84 Euro in der Stunde. Doch das ist nicht alles, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Jahreswechsel über Mindestlöhne wissen müssen. Eine die neue DGB-Broschüre „Mindestlöhne: Was ändert sich ab 2017?“ (PDF-Download) listet alle wichtigen Infos auf.

Wie geht’s weiter mit den Mindestlohn-Ausnahmen?
Leider gelten die meisten Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn weiterhin – und zwar für:

  • Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
  • Auszubildende – unabhängig von ihrem Alter – im Rahmen der Berufsausbildung,
  • Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit (die IAB-Evaluation der Mindestlohn-Ausnahme für diese Personengruppe hat gezeigt, dass der befürchtete Drehtüreffekt nicht eintritt, wonach alle sechs Monate neue Langzeitarbeitslose eingestellt werden; aber auch die erhoffte bessere Integration der Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt wurde durch diese Ausnahme absolut nicht erreicht. Zudem stellt diese Ausnahme eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung dar),
  • Praktikanten, wenn das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet,
  • Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums dient,
  • Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zu einer Berufsausbildung oder an einer anderen Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen,
  • ehrenamtlich Tätige.

Einige der Ausnahmen hat der DGB von Anfang an kritisiert.

Was ist mit der Mindestlohn-Ausnahme für Zeitungszusteller?
Bisher hatten Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller keinen Anspruch auf den vollen bisherigen Mindestlohn von 8,50 Euro. Ab 1. Januar bekommt zwar auch diese Beschäftigtengruppe mindestens 8,50 Euro – aber eben noch nicht den neuen gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro. Den gibt’s für Zeitungszusteller erst ein jahr später ab dem 1. Januar 2018.

Welche Branchen-Mindestlöhne weichen noch nach unten ab?
Für eine Übergangsfrist kann durch Tarifverträge mit Branchen-Mindestlöhnen, die bereits vor Einführung des Mindestlohngesetzes unter dem gesetzlichen Mindestlohn lagen, vom gesetzlichen Mindestlohn abgewichen werden. 2017 ist das noch für folgende Branchen relevant:

  • bei den Wäschereidienstleistungen im Objektkundenbereich Ost gilt der Branchenmindestlohn von derzeit 8,75 Euro noch bis Ende September 2017 und liegt damit noch 9 Cent unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns,
  • in der Land*- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau steigt das Mindestentgelt zum Januar 2017 auf 8,60 Euro, ab November 2017 dann auf 9,10 Euro,
  • in der Textil- und Bekleidungsindustrie Ost steigt der Mindestlohn zum November 2016 auf 8,75 Euro und wird ab Januar 2017 – wie für den Westbereich – auf den aktuellen gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro angehoben.

In der Leiharbeit gilt der Mindestlohn von derzeit 9 Euro (West) und 8,50 (Ost) bis zum 31. Dezember 2016. Ob es eine Folgevereinbarung gibt, hängt von dem Ausgang der Tarifverhandlungen ab (Webseite zur Tarifrunde Leiharbeit 2016/2017). Bis dahin gilt ab 1. Januar 2017 der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,84 Euro – sowohl in verleihfreien Zeiten als auch für den Zeitraum des Einsatzes in einem Entleihbetrieb. (Quelle IG BAU und DGB)

* Achtung Falle! Der landwirtschaftliche Mindestlohn gilt nur für die Pferdebetriebe, die als Landwirtschaftsbetrieb tätig sind. Ein Indiz dafür ist, dass Euer Betrieb Euch in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft der Sozialversicherung für Landwirtschaft. Forsten und Gartenbau (SVLFG) angemeldet hat. Auch bei der Steuer wird unterschieden zwischen landwirtschaftlicher Tierzucht und Tierhaltung (Tiere mit eigener Futtergrundlage, z.B. höchstens ca. 10 Pferde auf 20 ha, 17 Pferd 30 ha, 23 Pferde 50 ha, usw.) und gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung (Reitunterricht, Pensionsstall, Verkaufsstall, Ausbildungsstall, mehr Pferde je Fläche als in der Landwirtschaft). Das sind jetzt nur Anhaltswerte, Euer Betrieb muss Euch darüber genau Auskunft geben. Nur in der landwirtschaftlichen Tierzucht und Tierhaltung, nicht in der gewerblichen Tierzucht und Tierhaltung,  gilt der derzeit noch niedrigere landwirtschaftliche Mindestlohn.

Endlich: Der Mindestlohn kommt!

Damit Menschen nicht arm werden, ist ein Mindestlohn von 8,50 je Stunde die unterste Grenze für eine menschenwürdige Entlohnung.
Damit auch Pferdewirte endlich fair und menschenwürdig entlohnt werden, gibt es ab dem 1.1.15 einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR/Stunde brutto.

Besonders Pferdewirte/innen haben auf diesen Beschluss der Bundesregierung gewartet: Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn von 8,50 EUR/Stunde brutto kommt am 1. Januar 2015. Noch in diesem Sommer soll das Parlament und der Bundesrat das neue Gesetz beschließen. Mit einer Zustimmung beider Häuser ist wegen der Mehrheitsverhältnisse der Regierungskoalition zu rechnen.

Der Mindestlohn gilt

  • deutschlandweit,
  • auch für Ausländer, die in Deutschland arbeiten,
  • für alle Branchen,
  • für Langzeitpraktikanten
  • auch für Pferdewirte/innen, Pferdepfleger, Stallmister und Reitlehrer/innen!

Nur ganz wenige Ausnahmen wird es nach Sylvester 2014 geben:

  • Kinder und Jugendliche ohne Ausbildung
  • Auszubildende
  • Ehrenamtliche, die z.B. in Reitvereinen als Übungsleiter tätig werden
  • Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr ihrer Beschäftigung
  • Pflichtpraktikanten (Schule, Universität, Ausbildung)
  • Schnupperpraktika unter 6 Wochen

Was verdient dann ein Pferdewirt/in mit 25 Jahren, Steuerklasse 1, Mitglied der Kirche, unverheiratet und ohne Kind:

Mindest- Lohnabrechnung bei einer 40h/Woche (2088 h/Jahr)

  • 1479,00 EUR brutto/ Monat
  • 97,61 EUR Steuern/ Monat
  • 302,09 EUR Sozialabgaben
  • = 1097,30 EUR netto/ Monat bei einer 40h/Woche

Mehrarbeit muss entsprechend vergütet oder aber abgebummelt werden.

Mindest- Lohnabrechnung bei einer 46h/ Woche (2400h/ Jahr)

  • 1700,00 EUR brutto/ Monat
  • 159,75 EUR Steuern/ Monat
  • 347,23 EUR Sozialabgaben/ Monat
  • = 1193,02 EUR netto/ Monat bei einer 46h/ Woche

Ein fairer Lohn für ausgelernte Pferdewirte/innen beginnt mit EUR 12,00 je Stunde brutto. Das wäre ein Anfangsgehalt eines Pferdewirtes/in, das sich bei zusätzlicher Verantwortung und Qualifikation dann erhöht. Warum ist dieser Lohn als fair zu bezeichnen? Es ist der durchschnittliche Anfangslohn für landwirtschaftliche Fachkräfte, also z.B. Tierwirt und Landwirt. Diese Lohnabrechnung sollte etwa so aussehen:

  • 2088,00 EUR brutto/ Monat bei 40h/Woche
  • 259,15 EUR Steuern/Monat
  • 426,47 EUR Sozialabgaben/Monat
  • = 1402,38 EUR netto /Monat bei einer 40h/ Woche

 

 

Lohn für ungelernte Arbeitskräfte

  • Tamara

Hallo,

Ich wollte mich mal erkundigen, was eine ungelernte Kraft an Gehalt bekommen könnte, wenn sie als Bereiter Vollzeit eigestellt werden würde. Über weitere Infos, Links etc. bin ich dankbar.

  • Dietbert Arnold

logo8-50Hallo Tamara,

die Frage kann ich Dir nicht beantworten, da Pferdewirte und Pferdepersonal viel zu selten Gewerkschaftsmitglieder der IG BAU sind und deshalb es auch in diesem Bereich keine Tarifabschlüsse gibt.

Wir alle wissen, dass sehr oft im Pferdebereich absolute Hungerlöhne gezahlt werden, die oft an Ausbeutung erinnern.

Du musst wissen, wo Deine Schmerzgrenze ist und unter welchen Bedingungen Du bereit bist schwer zu arbeiten. Nur eine Richtschnur für Dich: Als Mindestlohn, der leider nicht für den Pferdebereich festgelegt ist, kannst Du von 8,50 EUR/h brutto ausgehen. Das wären etwa 1350 EUR brutto im Monat, was vielleicht 900 EUR netto sind. Solltest Du mehr als 40h in der Woche arbeiten, müsste es entsprechend mehr sein. Übrigens: Wer in Europa weniger als 7,50 EUR/h verdient, gilt als arm! Nun doch ein kleiner Hinweis an Dich:

  1. Bereiter bist Du nicht, dazu müsstest Du den Pferdewirt gelernt haben. Also nicht mogeln.
  2. Denke bitte daran, dass Du immer ungelernte Arbeiterin bleibst, also nicht beruflich weiter kommen kannst. Ungelernte übrigens werden viermal häufiger entlassen als gelernte Pferdewirte/Pferdewirtschaftsmeister. Das solltest Du bedenken und vielleicht doch den Weg einer Berufsausbildung gehen. Aber, dass musst Du entscheiden. Meine Meinung kennst Du jetzt.