Was ist die Berufsschule wert?

Die neuen Regeln für den Berufsschulunterricht

Euer Chef/in muss Euch raten, regelmäßig die Berufsschule zu besuchen und Euch für den Berufsschulbesuch freistellen. (Paragraf 14 Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Beginnt die Berufsschule vor 9 Uhr, dürft Ihr nicht vorher im Betrieb arbeiten. Das Gesetz (Paragraf 15 Berufsbildungsgesetz (BBiG)) spricht unmissverständlich von Beschäftigungsverbot!

Endlich ist der Berufsschulunterricht eindeutig geregelt. Euer Betrieb muss Euch alle zur Berufsschule schicken, diese Zeit auf die Arbeitszeit anrechnen und natürlich auch bezahlen.

1 Berufsschultag mit mehr als 5 Unterrichtsstunden ist als ein ganzer Tag zu behandeln. Ihr müsst an diesem Tag komplett freigestellt werden. Angerechnet wird dieser Berufsschultag mit der durchschnittlich, täglichen Arbeitszeit. Wo findet Ihr die durchschnittlich, tägliche Arbeitszeit? Ganz einfach: Im Ausbildungsvertrag unter „durchschnittlich, tägliche Arbeitszeit“. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen, ein Berufsschultag von mehr als 5 Unterrichtsstunden ist ein kompletter Arbeitstag, wird genau so behandelt wie ein Arbeitstag auf dem Betrieb, muss also bezahlt werden, gilt mit zur Wochenarbeitszeit und darf auf keinen Fall nachgearbeitet werden.

Gleiches wie für den Berufsschultag gilt für den Blockunterricht: 25 Stunden Berufsschulunterricht an mindestens 5 Tagen entsprechen einer Arbeitswoche, so wie sie bei „durchschnittliche, wöchentliche Ausbildungszeit“ im Berufsausbildungsvertrag genannt wird.

Diese gesetzlich festgelegten Regeln zur Freistellung von Azubis gilt nicht nur für die klassischen Schulstunden, sondern auch für Prüfungstage, überbetriebliche Lehrgänge, Studienfahrten der Berufsschule, usw.. Ein Tag vor der Abschlussprüfung muss Euch der Betrieb auch bezahlt freistellen, damit Ihr Euch in aller Ruhe auf den Prüfungstag vorbereiten könnt.

Wenn in Eurem Berufsausbildungsvertrag nicht die tägliche Ausbildungszeit und die wöchentliche Ausbildungszeit angegeben ist, dann setzt Euch mit der Zuständigen Stelle in Verbindung, denn die tägliche Ausbildungszeit muss nach Vorschriften des Gesetzgebers immer eingetragen sein. Wenn nur die tägliche Ausbildungszeit im Vertrag eingetragen ist, dann könnt Ihr die wöchentliche Ausbildungszeit daran erkennen, wie die wöchentliche Ausbildungszeit aufgeteilt ist, 5- Tage- oder 6-Tage-Woche. Dann kann die tägliche Ausbildungszeit leicht ermittelt werden. Übrigens: Nicht wundern, der Gesetzgeber spricht bei Auszubildenden immer von Ausbildungszeit. Die ist gleichzusetzen mit der Arbeitszeit.

Leider kenne ich niemanden der die Berufschule besucht: hilflos zur Prüfung

Manchmal ist es hilfreich, in das zuständige Gesetz, das Berufsbildungsgesetz BBiG zu schauen. Dort ist die Berufsausbildung genau geregelt. Das sind die Spielregeln. Auch für die Chefs.
Manchmal ist es hilfreich, in das zuständige Gesetz, das Berufsbildungsgesetz BBiG zu schauen. Dort ist die Berufsausbildung genau geregelt. Das sind die Spielregeln. Auch für die Chefs.


n.n., 06.09.2016

Ich bin Azubine im 3. Lehrjahr zur Pferdewirtin Klassische Reitausbildung.
In unserem Betrieb sind zur Zeit 3 Azubis beschäftigt. Keiner von uns geht zur Berufschule.
Meine Frage nun, wo bekomme ich Materialien zum erlernen der Prüfungsthemen her? Reicht es aus, wenn ich mir Fachbücher bestelle? Leider kenne ich niemanden der die Berufschule besucht.
Können Sie mir weiterhelfen? Gerne würde ich frühzeitig anfangen zu lernen, damit es nicht so viel auf einmal ist.

Dietbert Arnold, 06.09,2016

Hallo n.n.,

bevor ich Dir helfe, lasse mich einmal sagen, dass das so nicht geht. Was machst Du da eigentlich? Warum gehst Du nicht zur Berufsschule? DU hast das gesetzliche Recht zur Schule zu gehen. Der Betrieb muss Dich freistellen. Wie kann es sein dass sich gleich drei Auszubildende das gefallen lassen? Seid Ihr Slaven des Betriebes? Solche „Ausbilder“ müsst Ihr nicht ernst nehmen. Und wenn der mault, dann geht ihr! Ihr bezahlt die Raffgier dieses Betriebes, mit Euch ganz schnell viel Geld zu verdienen und als Dank dafür fallt Ihr dann möglicherweise durch die Prüfung oder versaut Euch den Prüfungsdurchschnitt. Ehrlich gesagt, ich verstehe Euch nicht!

Was kann ich Dir raten?

  1. Du gehst ab sofort in die Berufsschule. Die Adresse findest Du „Berufsschulen“ oben in der Navigationsleiste.
  2. Unter „Medien“, auch oben in der Navigationsleiste, gibt es Tipps
  3. Lade Dir die kostenlosen Leittexte für Pferdewirte von www.leittexte.de herunter und bearbeite die.
  4. Unter „Downloads“ findest Du das Dokument zum download mit dem Titel „Prüfungsinhalte Klassische Reitausbildung“. Ist gültig für ganz Deutschland, außer Bayern.
  5. Du trittst einfach mal in die Gewerkschaft IG Bauen Agrar Umwelt ein, damit zu nicht mehr so ausgenutzt wirst, wie bisher. Das ist ja schrecklich, wie Du auf einen solchen „Ausbilder“ reinfällst.
  6. Du beschwerst Dich einfach mal ganz laut und deutlich bei der Zuständigen Stelle. Der Ausbildungsberater muss reagieren, der muss Dir zu Deinem Recht verhelfen! Keine Angst, auch wenn der sauer auf Dich ist, mit der Prüfung hat der nichts zu tun, deshalb hast Du keine Nachteile.

Und dann noch ein wichtiger Hinweis: Da Du ja ab sofort in die Schule gehst und dort dann sicher erfährst, wie sich die anderen Auszubildenden auf die Prüfung vorbereiten, die Berufsschulzeit muss nicht im Betrieb nachgeholt werden! Die Berufsschulzeit besteht aus dem Weg zur Schule, den Pausen und dem eigentlichem Unterricht. Und wenn das Ganze dann acht Stunden dauert, dann ist für Dich Feierabend, dann musst Du nicht mehr in den Betrieb.

Nun mal zur gesetzlichen Seite: Ausbildende, also Eure Chefs, haben Euch Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule anzuhalten. So steht es im § 14 des Berufsbildungsgesetz. Und gleich dahinter, im § 15 heißt es: Ausbildende (Chef) haben Auszubildende (Euch) für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen. Wenn Du die Berufsschule nicht besuchen darfst, kannst Du Deinen „Ausbilder“ auf Schadenersatz verklagen!

Nimm Dir das fest vor: Einfach zur Berufsschule gehen. Keine Diskussion! Chef, ich gehe ab sofort zur Berufsschule. Keinerlei Diskussion! Und Tschüss.

Skandalös: Rechtswidrige Ausbildungsverträge

Ausbildungsvertrag Arbeitszeit

 

 

Manchmal kann man kaum glauben, was sich die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bremen, Schleswig- Holstein, Rheinland- Pfalz sowie Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen erlauben: Tausende landwirtschaftliche Auszubildende bekommen gesetzwidrige Ausbildungsverträge untergejubelt.

Obwohl im § 11 des Berufsbildungsgesetzes klar gesagt wird, dass in jedem Berufsausvertrag die regelmäßige, tägliche Ausbildungszeit festgelegt werden muss, halten sich die Zuständigen Stellen nicht an diese Vorschrift und es fällt schwer zu glauben, dass dahinter keine Absicht steckt.

Warum ist die Angabe der täglichen Ausbildungszeit für Auszubildende so wichtig? Ganz einfach, ist die tägliche Ausbildungszeit überschritten, muss diese zusätzliche Ausbildungszeit entweder mit Freizeit oder zusätzlicher Bezahlung ausgeglichen werden.

Nehmen wir einmal an, im Ausbildungsvertrag steht, dass es sich um eine 40- Stunden- Woche von Montag bis Samstag handelt, dann wird an einem Tag lediglich 6 Stunden und 40 Minuten gearbeitet. Genau diese Zahl muss dann im Berufsausbildungsvertrag festgelegt werden. Jede Minute länger muss mit Freizeit oder zusätzlichem Lohn ausgeglichen werden.

Auch für den Berufsschulbesuch ist die gesetzlich vorgeschriebene Nennung der regelmäßigen, täglichen Ausbildungszeit von großer Bedeutung. Besonders für Auszubildende, die einen langen Schulweg haben, ist die tägliche Ausbildungszeit ganz besonders wichtig. Für die Berufsschule müssen Azubis bei voller Bezahlung und Anrechnung der Ausbildungszeit vom Betrieb freigestellt werden. Zur Berufsschulzeit gehören die Fahrtzeiten, die Schulstunden und die Schulpausen. Beträgt die Schulzeit weniger als die tägliche Ausbildungszeit, müssen volljährige Auszubildende zurück in den Betrieb. Das kann auch nur manchmal sein, wenn Schulstunden ausfallen. Ist allerdings die Schulzeit länger als die tägliche Ausbildungszeit, dann haben Azubis natürlich auch Anrecht auf Freizeitausgleich bzw. zusätzliche Bezahlung.

Das wissen die Zuständigen Stellen natürlich und haben dann einfach mal den Betrieben einen riesigen Gefallen getan und Euch benachteiligt, weil Ihr um Euren Freizeitausgleich bzw. Eure zusätzliche Entlohnung gebracht werdet.

Auch diejenigen Auszubildenden, die einen Ausbildungsvertrag mit dem Kästchen „regelmäßige, tägliche Ausbildungszeit“ haben, sollten kontrollieren, ob diese tägliche Ausbildungszeit überhaupt eingetragen worden ist. Es liegen Hinweise vor, die die Befürchtung nahe legen, dass das Berufsbildungsgesetz durch Nichteintragung einfach umgangen wird.

Wir alle dürfen nicht dulden, dass die Zuständigen Stellen, die hoheitliche Aufgaben vom Staat in der Berufsausbildung übertragen bekommen haben, sich noch wie Gutsherren aufspielen und dabei geltendes Gesetz missachten. Die wehrlosesten in der Berufsausbildung, die Auszubildenden, werden benachteiligt, die Betriebe, die ohnehin schon mit ihren Azubis Kasse machen, wieder einmal hofiert. Schämen die sich eigentlich nicht?

 

Hilfe, ich werde nicht ausgebildet!

n.n. schreibt:

Hallo, ich hoffe, es ist okay, wenn ich hier jetzt einfach so meine Frage stelle!

Ich bin im 3. Lehrjahr zur Pferdewirtin mit dem Schwerpunkt Reiten.

Wir sind in unserem Betrieb mit insgesamt 3 Azubis, wovon die beiden anderen zwar schon länger da sind (Praktikum, Kunde) aber noch im 2. Lehrjahr sind.

Mein Problem ist, dass ich in meinem Betrieb nichts lerne. Ich reite bei uns nur Pferde an bzw. reite die bereits angerittenen Pferde weiter während die anderen beiden die weiter ausgebildeten Pferde reiten und auf Turnieren vorstellen. Mein Chef begründet es meist damit, dass die eine Azubine schon länger da ist und die andere stärker reitet. Das ist ja auch ein verständliches Argument, nur wenn ich nicht gefördert werde, wie soll ich es dann besser machen bzw. etwas lernen?

Wir haben einen Tag in der Woche frei, alle am selben, Mittwochs und eine von uns jeden zweiten Sonntag.

Alleine an den 4 Tagen unter der Woche arbeiten wir 11-12 Stunden täglich, meist ohne Pause, dann kommt noch der Wochenenddienst hinzu, Samstags 10h und jeden zweiten Sonntag im Schnitt 8h.

Ich darf nicht zur Berufsschule, da ich nur noch Berufsschulberechtigt aber ncht mehr -pflichtig bin und dann einen Tag im Betrieb fehlen würde.

Desweiteren besitze ich einen Trainerschein der Kategorie C. Leistungssport, mein Chef sagt, das wäre Prüfungsvorbereitung genug und den Rest könnte ich in meiner Freizeit lernen.

Meine Abschlussprüfung muss ich selbst bezahlen, da ich an diesem Ausbildungsbetrieb meine Ausbildung nur beende und nicht angefangen habe.

Ich weiss auch, dass das nicht in Ordnung ist, aber man kan sich ja vorstellen, was passiert, wenn man seinen Mund aufmacht.

Hinzu kommt noch, dass das Klima auf der Arbeit richtig schlecht ist. Keiner redet miteinander, alle arbeiten für sich.

Ich bin mittlerweile sehr frustriert und würde meine Ausbildung am liebsten abbrechen. Ich hätte wahrscheinlich auch einen Betrieb, der mich übernehmen würde. Das Problem ist nur, ich war wegen einer Operation am Handgelenk (aufgrund zu hoher Belastung) 8 Wochen krankgeschrieben, mein Chef würde mich nicht gehen lassen, da ich ja währenddessen angestellt war und er meine Zwischenprüfung bezahlt hat. Was soll ich denn jetzt machen? Ich halte es dort nicht mehr aus! Habe ich ein Recht auf einen Aufhebungsvertrag? Kann ich einfach kündigen und meine Ausbildung woanders zuende machen?

Für Hilfe wäre ich sehr dankbar, meinen Namen behalte ich lieber für mich, da ich Angst habe, mein Chef liest das hier.

Dietbert Arnold antwortet:

Hallo n.n., klar dass ich Deinen Namen nicht nenne, damit Dein Chef das alles brühwarm liest. Dein Ausbilder verstößt mehrfach gegen viele Gesetze und Verordnungen.

  • Natürlich beträgt Deine Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche, so steht es im Berufsausbildungsvertrag.
  • Natürlich muss das Arbeitszeitgesetz eingehalten werden.
  • Natürlich müssen Überstunden zusätzlich vergütet werden, so steht es im Ausbildungstarifvertrag für die Landwirtschaft.
  • Natürlich muss er Dich zur Berufsschule lassen, so steht es im Berufsbildungsgesetz.
  • Natürlich muss er Dich nach der Verordnung zum Ausbildungsberuf Pferdewirt gewissenhaft ausbilden.
  • Natürlich muss der Ausbildungsbetrieb die Kosten der Abschlussprüfung bezahlen, so steht es im Berufsbildungsgesetz und im Berufsausbildungsvertrag.

Du möchtest jetzt wissen, was ich darüber denke und was ich meiner Tochter empfehlen würde: Nach meiner langjährigen Erfahrung als Prüfer weiß ich, dass Du, so wie Du die Situation schilderst, keine Chance hast, die Abschlussprüfung zu bestehen. Wie willst Du denn ohne ordentliche Ausbildung und solide Übung eine Kandaren- L reiten, wie willst Du gefahrlos einen L- Parcours überwinden, wie willst Du Dressur- und Springunterricht erteilen, wie willst Du die gesamte Theorie so beherrschen, dass Du entsprechende Aufgaben bewältigen kannst? Alleine der Hinweis Deines „Ausbilders“, der Trainer C sei Prüfungsvorbereitung genug, ist eine Frechheit und entspricht keinesfalls der Wahrheit!! Mit dem Trainer C wirst Du die Abschlussprüfung nicht schaffen. Das ist völlig unstrittig!

Wenn Du jetzt nicht die Notbremse ziehst, entweder Deinen Ausbilder zu überzeugen, Dich endlich richtig auszubilden oder aber den Betrieb zu wechseln, hast Du ein ganz dickes Problem! Brav warten und auf ein Wunder hoffen, wird nicht funktionieren!

Ich rate Dir zu folgendem:

1. Alle Arbeitszeiten und alle Tätigkeiten (Ausbildungen!?) dokumentieren! Schön brav in das Berichtsheft eintragen.

2. Sofort die Zuständige Stelle informieren und deutlich machen, dass DU nicht ausgebildet wirst und das DU sofortige Hilfe erwartest.

3.Sofort in die IG BAU eintreten und dort um Rechtsschutz bitten. Die beraten Dich dann über die Arbeitszeiten und Lohnnachforderungen sowie über die nicht erfolgte Ausbildung. DU kannst nämlich den Ausbilder für die nicht erfolgte Ausbildung schadenersatzpflichtig machen.

4. DU gehst ab sofort regelmäßig in die Schule. DU machst das einfach.

5. Versuche sofort einen neuen Ausbildungsbetrieb zu finden. Bei den Ausbildungsverstößen kündigst Du ohne jede Vorwarnung, falls Du die neue Ausbildungsstelle hast. In die Kündigung schreibst Du einfach: Begründung:

  • Verbot die Berufsschule zu besuchen,
  • mangelnde Ausbildung nach Verordnung zum Beruf Pferdewirt,
  • Verstoß gegen Arbeitszeitgesetz
  • Kein Freizeitausgleich bzw. Bezahlung der Überstunden
  • Kostenforderung zur Abschlussprüfung

Dein Chef hat keine Chance, sich gegen diese Kündigung zu wehren und auch die Zuständige Stelle muss den Wechsel so akzeptieren.

Das hätte ich meiner Tochter gesagt, jetzt kannst Du Dir überlegen, ob die Tipps gut oder schlecht sind. Eines ist aber sicher, wenn da nichts passiert, dann gibt es Tränen bei der Abschlussprüfung! Und ohne Konflikt wird es nicht gehen, Deine Situation zu verbessern. Nicht nur beim Reiten braucht man/frau Rückgrad, auch im Umgang mit „Ausbildern“. Ich jedenfalls drücke Dir die Daumen, dass Du die richtigen Entscheidungen triffst.