n.n., 09.02.2020 (dem Admin bekannt)
Ich habe am 1.4.2018 meine Ausbildung zum Pferdewirt Spezialreitweisen Gangreiten in Bayern angefangen. Zum 1.9.2019 habe ich dann an einen Betrieb in Hessen gewechselt, da mein erster Betrieb mich nicht wirklich ausgebildet hat. Im neuen Betrieb ist es allerdings jetzt auch so, das zu mir gesagt wurde das es kein Pferd für die Abschlussprüfung gibt.
Jetzt ist meine Frage, ob ich die Prüfung auch ohne Ausbildungsbetrieb diesen Sommer machen kann. Denn meine zukünftige Chefin würde mir Pferde stellen. Diese sind allerdings in Rügen. Sie würde mir die Pferde auch zur Verfügung stellen, allerdings soll ich an meinem Ausbildungsbetrieb die volle Einstellgebür zahlen und drei Druse Tests vorlegen bevor das Pferd kommen darf. Das würde allerdings so viel Zeit beanspruchen das es sich nicht mehr rentiert das Pferd zu holen.
Ich hoffe sie können mir helfen oder haben Adressen wo ich mich informieren kann.
Vielen Dank Mit freundlichen Grüßen n.n.
Dietbert Arnold, 10.02.2020
Liebe n.n., wenn ich das so lese, dann habe ich wieder das Gefühl, Recht und Gesetz gilt nicht auf Reitplätzen. Ein erheblicher Teil der Berufsausbilder pfeift auf Recht und Gesetz und lässt Euch einfach nur schuften und verdienst sich dabei dumm und dämlich an Euch.
Das darfst DU Dir nicht gefallen lassen!
Um es einmal klar und deutlich zu sagen, damit kein „Ausbilder“ sagen kann, er/sie hat es nicht gewusst: Das Berufbildungsgesetz (BBiG) gibt hier klare gesetzliche Regeln vor:
§ 14 BBiG
„Ausbildende haben Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge, Werkstoffe und Fachliteratur zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stattfinden, erforderlich sind.“ Du siehst also, Dein Betrieb muss Dir ein Pferd zur Verfügung stellen, wenn Du sonst nicht die Prüfung ablegen kannst. Das Pferd ist für Pferdewirte so etwas wie ein Werkzeug. Ohne Säge kann ein Tischler kein Brett kürzen und ohne Pferd kannst Du nicht Gangpferde reiten.
„Ausbildende haben 1.dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, und die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann,“ Die berufliche Handlungsfähigkeit beinhaltet natürlich auch das praktische Reiten und zum Erreichen des Ausbildungszieles ist das Reiten auch in der Prüfung zwingend. Folglich hat Dein Betrieb dafür zu sorgen, dass Du beritten bist in der Abschlussprüfung.
§ 32 BBiG
„Die zuständige Stelle hat darüber zu wachen, dass die Eignung der Ausbildungsstätte sowie die persönliche und fachliche Eignung vorliegen.“ Und genau das muss die Zuständige Stelle in Hessen tun! Die haben die ordnungsgemäße Berufsausbildung zu überwachen und müssen reagieren, wenn es Regelverstöße gibt. Also ganz konkret: Nicht Dein vielleicht späterer Betrieb noch Du persönlich hast dafür zu sorgen, dass Du Deine Abschlussprüfung machen kannst. Nein Dein Ausbildungsbetrieb und die Zuständige Stelle haben Dir zu ermöglichen, dass Du eine im Vertrag versprochene Abschlussprüfung machen kannst. Wenn die Dir nicht helfen und Du keine Abschlussprüfung ermöglichen, dann kannst Du den Dir entstandenen Schaden, z.B. Verdienstausfall, usw. natürlich gerichtlich geltend machen. Und wenn die Zuständige Stelle nicht wirklich engagiert tätig wird, dann gibt es auch die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde.
§ 43 BBiG
„Zur Abschlussprüfung ist zuzulassen, 1.wer die Ausbildungsdauer zurückgelegt hat oder wessen Ausbildungsdauer nicht später als zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet,2.wer an vorgeschriebenen Zwischenprüfungen teilgenommen sowie einen vom Ausbilder und Auszubildenden unterzeichneten Ausbildungsnachweis nach § 13 Satz 2 Nummer 7 vorgelegt hat und3.wessen Berufsausbildungsverhältnis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen oder aus einem Grund nicht eingetragen ist, den weder die Auszubildenden noch deren gesetzliche Vertreter oder Vertreterinnen zu vertreten haben.“ Hier kannst Du ganz klar ablesen, wann die Zuständige Stelle Dich zur Prüfung zulassen muss. Das sind alleine die drei Punkte: Ausbildungsdauer erreicht, Zwischenprüfung teilgenommen und Vertrag bei der Zuständigen Stelle registriert. Und wenn Du das vorweisen kannst, dann müssen die Dich zur Prüfung zulassen.
Was kannst Du tun?
- Als erstes sprichst Du mit der Zuständigen Stelle in Hessen. Die müssen Dir helfen. Lasse Dich nicht abwimmeln. Die müssen tätig werden!
- Du kündigst den Ausbildungsvertrag nicht! Nur als Azubi muss Dir die Zuständige Stelle helfen. Nur als Azubi unterliegst Du dem Berufsbildungsgesetz. Nur als Azubi hast Du das Recht zur Abschlussprüfung. Nur als Azubi ist die Prüfung für Dich kostenfrei.
- Du solltest Dir auf keinen Fall ein Pferd privat besorgen. Stelle Dir einmal vor, da passiert etwas bei der Anfahrt zur Prüfung oder in der Prüfung mit dem Pferd, da bist Du voll haftpflichtig! Ganz davon abgesehen, wer bezahlt denn die Impfungen?
- Sage Deinem Betrieb, dass Du darauf bestehst, dass sie Dir ein geeignetes Pferd für die Prüfung kostenfrei zur Verfügung stellen. Mache deutlich, dass Du den Betrieb für alle Versäumnisse haftpflichtig machst. Der Betrieb hat Dir Ersatz zu besorgen, wenn er kein geeignetes Pferd hat.
- Lasse Dich auf jeden Fall auch rechtlich beraten. Hilfreich sind deutliche Schreiben an die Zuständige Stelle und an den „Ausbildungsbetrieb“, die zeigen, dass Du Dir diese Behandlung nicht gefallen lässt. Das kann ein Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht sein, der Dich berät und die Briefe aufsetzt, das kann aber auch die Gewerkschaft machen, die eine Rechtsschutzabteilung hat. Wenn Du das möchtest, dann wende Dich an die Gewerkschaft Bauen Umwelt Agrar und bespreche mit denen, ob sie bereit sind, Dich zu vertreten, obwohl Du dann ja gerade erst eingetreten bist. Falls Du Dich für einen Rechtsanwalt entscheidest, dann darfst Du ruhig vorher fragen, welche Kosten z.B. für die Beratung und die Formulierung der Briefe auf Dich zukommen. Da wird kein Anwalt böse sein und das wird auch kein Vermögen sein!
Adressen
Zuständige Stelle Hessen: Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), – Bildung- und Beratunszentrum, Schanzenfeldstr. 8, 35578 Wetzlar; Kontakt: Brigitte Krug, T 0561.7299318, 0561.7299225, Brigitte.krug.@llh.hessen.de , Dr. Marie- Luise Rahier T 0561.7299305, F 0561.7299304, marie-luise.rahier@llh.hessen.de, Michael Stein, T 0561.7299315, F 0561.7299304, mobile 0151.12509110, Michael.stein@llh.hessen.de
Gewerkschaft IG Bauen, Agrar, Umwelt: Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz haben alle Gewerkschaftsmitglieder. Genauere Infos und Termine gibt es in den IG BAU-Büros In Frankfurt: 069 24 26 270, Fax: 069 24 26 27 28 sowie in Darmstadt unter Tel.: 06151-33510 Fax.: 06151-367014 erreichbar!
Regionale Büros in Hessen findest Du hier: https://igbau.de/Bueros-und-Adressen.html?Region=600.
Zu guter Letzt
Wenn Du Hilfe beim Kontakt suchst, dann melde Dich noch einmal. Dir jedenfalls wünsche ich viel Selbstbewusstsein beim Durchsetzen Deiner berechtigten Forderungen. Nicht DU musst handeln, sondern die, die Deine Prüfung unberechtigt verhindern könnten! Und manches Mal kann ein knackiger Brief eines Anwaltes oder der Rechtsschutzabteilung helfen, dass Zuständige Stellen aufwachen und Betriebe merken, dass sie kein wehrloses Opfer eingestellt haben. Selbst wenn Du nicht Deine Prüfung machen kannst, dann spart ja sogar noch Dein Betrieb die Prüfungsgebühr! Vielleicht ist das ja das Ziel! Also ran, wehre Dich, lasse Dich nicht zum Opfer machen und schreibe uns mal, wie es weitergeht.