Überstunden ohne Ende – aber erst einmal auf dem Pferd gesessen

Bestimmen Schwarze Schafe unter den Berufsausbildern mehrheitlich den Beruf Pferdewirt/in? Nicht immer kann jungen Leuten eine Berufsausbildung im Beruf Pferdewirt ohne Einschränkung empfohlen werden.

09.04.20 n.n. (dem admin bekannt)

„Im August 2019 habe ich meine Ausbildung zur Pferdewirtin auf einem Hof in der Nähe von xxx begonnen. In meinem Ausbildungsvertrag stehen 5 Tage/40 Stunden.

Ich arbeite jedoch weitaus mehr, einen Tag in der Woche habe ich frei und es gibt ein freies Wochenende im Monat, dann wird der freie Tag zum Wochenende hin verschoben und ich habe drei Tage am Stück frei. Ende Januar habe ich bereits um die 250 Überstunden gehabt. Wir beginnen um 7.30 Uhr und ich komme sehr selten vor 20 Uhr vom Hof, oft erst viel später. In dieser Zeit sind Pausen von 1,5 Stunden, die aber auch häufig kürzer ausfallen. Und, ich arbeite 6 Tage die Woche.

Es gibt kaum Feiertagsausgleich, für das anliegende Osterwochenende habe ich einen Tag frei bekommen, als Ausgleich.

Und so langsam geht mir die Puste aus, ich schreibe in der Schule schlechte Noten, weil ich einfach keine Zeit und Energie mehr habe, den Stoff zu lernen und durchzugehen. Wenn ich Abends zu Hause bin, geduscht hab und etwas gegessen habe ist es oft so spät, das ich mich auf nichts mehr konzentrieren kann. Darüber bin ich unglücklich, ich bin es gewohnt, gute Noten zu schreiben und die Schule ist mir wichtig, denn hier kann ich etwas lernen.

Ich hab keine Zeit für Treffen mit Freunden oder andere Aktivitäten, weil es jeden Abend so spät wird.

Dazu kommt, das ich zunehmend merke, dass die Ausbildung nicht das verspricht, was ich mir erhofft habe: Auf dem Hof gibt es drei Azubis und zwei polnische Helfer für die groben Arbeiten und den Chef. Wir bekommen unsere Aufgaben, führen Abends eine Abschlußbesprechung und sehr wenig Anleitung, selten geht jemand mit uns los und zeigt uns etwas. Bisher habe ich einmal auf einem Pferd gesessen und ich bekomme keinen Unterricht. 

Noch vor Ausbildungsbeginn wusste ich, dass ich zu Beginn 2020 eine größere Kiefer OP haben werde, dies habe ich persönlich vorher in einem Gespräch mitgeteilt, damit sich alle darauf einstellen können, oder die Ausbildung  ggfs. verschoben werden kann. Man sagte mir, das sei kein Problem, trotzdem wird es mir jetzt dauernd vorgehalten.

Nach einem Gespräch mit der LWK habe ich mich entschlossen, zum 1. August einen neuen Hof zu suchen. Da ich ja eine schulische Vorausbildung habe,  ein landwirtschaftliches Grundschuljahr, erklärten mir die Ausbildungsberater der Kammer, hätte ich so oder so keine Zeit verloren und könne jederzeit im 2. Ausbildungsjahr neu beginnen. Man meinte sogar, ich könne sogar sofort aufhören….. .

Um meinem Chef ehrlich gegenüber zu sein, habe ich ihm mitgeteilt, dass ich mir zum 1. August einen neuen Hof suchen möchte, daraufhin wollte er sofort einen Aufhebungsvertrag mit mir schließen, was ich abgelehnt habe, das war ja nicht mein Plan, ich wollte gehen, wenn ich eine neue Stelle habe… und ich möchte meine Überstunden ausgeglichen haben.

Er moniert mein Berichtsheft, dass das nicht immer so ordentlich kommt, wie es sollte, aber ich weiß nicht, wann ich das schreiben soll, es gibt selten Anweisungen, worüber ich schreiben soll, ich soll es an meinem freien Tag schreiben und ich muss mir die Informationen selbst heraus suchen. Kann mich also nicht auf Ausbildungsgespräche stützen.

Ich habe in meiner Bewerbung geschrieben, dass ich Asperger Autismus habe, keine schwere Form,  aber es bedeutet auch, dass ich für manches etwas länger brauche, dafür aber sehr gründlich und zuverlässig bin. Was man mir aufträgt, das erledige ich auch so. 

Nach 14 Tagen Praktikum war er auch mit mir zufrieden und ich habe dort begonnen.

Nun aber. Seitdem der Chef weiß, dass ich gehen möchte, mache ich ihm wenig recht. Ständig schimpft er mit mir, ich bin zu langsam, entscheide die Arbeitsabläufe falsch, rufe zuviel an um zu fragen oder zu wenig… dabei sind seine Anweisungen unklar und wenn ich nun nachfrage, ist er verärgert. Er vergreift sich im Ton, reagiert bei mir anders, wenn ich Fehler mache als bei den anderen ist offensichtlich total verärgert. Betont, dass er mir ja ein „Gehalt“ zahlt und dafür vollen Einsatz erwartet und ich den Betriebsfrieden störe. 

Er hat übrigens nicht nachgefragt, warum ich gehen möchte. Und ich konnte das, aufgrund meiner Beeinträchtigung leider nicht so klar aussprechen, wie ich es hier schreibe. Die Zuständige Stelle hat mit ihm telefoniert und er meinte, er würde im ersten Lehrjahr nicht ausbilden, erst im zweiten und dann so richtig im dritten Jahr – aber ich halte das für vorgeschoben,  denn meine Mitauszubildenden (sie haben mit mir begonnen) sind im zweiten Ausbildungsjahr und machen das Gleiche wie ich, bis auf eine der beiden, sie arbeitet hauptsächliche die Pferde, weil sie so gut reiten kann…. Sagt er. Der Rest der Hofarbeit liegt auf mir und meiner Kollegin. 

Wie gehe ich jetzt am besten vor? Ein Aufhebungsvertag bedeutet ja, dass ich keine weiteren Forderungen erheben kann, was ich nicht möchte. Ich möchte meine Überstunden ausgeglichen haben, ich möchte nicht tricksen (mich etwa krank schreiben lassen) und ich mache meine Arbeit genauso ordentlich und aufmerksam wie immer. “ 

10.04.20 Dietbert Arnold

Hallo liebe n.n.

ich kann Dich gut verstehen, dass Du Sorgen um Deine Ausbildung hast, denn das, was Du mir schreibst, ist keine Ausbildung, sondern nur Ausbeutung. Es ist richtig, dass Du die Reißleine ziehen willst und Dir einen neuen Betrieb suchen möchtest. Du musst aber aufpassen, dass Du nicht an einen ähnlichen Betrieb gerätst, denn davon gibt es leider verdammt viele.

Grundsätzlich muss Dir klar sein, dass ich Dir keine Rechtsauskunft geben darf.

Ich finde es richtig, wenn Du den jetzigen Betrieb nicht einfach so davonkommen lässt, denn schließlich muss sich rumsprechen, dass Auszubildende ein Recht auf Ausbildung haben und nicht billige Hilfsarbeiter sind. Du musst wissen, dass Pferdewirtazubis mehr Geld erwirtschaften, als sie kosten. Das ist ja der Grund, warum diese Betriebe, die eigentlich gar nicht ausbilden wollen und denen egal ist, wo ihr bleibt, Azubis einstellen. 

Wie kannst und solltest Du Dich wehren? 

Da gibt es grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten: 

  • Einen Anwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht beauftragen oder aber den Rechtsschutz einer Gewerkschaft nutzen. Ein Anwalt lebt von dieser Arbeit und wird deshalb eine Kostenrechnung schicken. Ein erstes Beratungsgespräch kostet nicht ein Vermögen und es ist Dein gutes Recht und kein Anwalt wird Dir böse sein, wenn Du vorher genau erfragst, was da finanziell auf Dich zukommt. Das eigentliche Verfahren ist beim Arbeitsgericht in der ersten Instanz immer kostenfrei. 
  • Anders gelagert ist der Rechtsschutz einer Gewerkschaft. Die hat für ihre Mitglieder eine kostenfreie Rechtsberatung und natürlich auch einen kostenfreien Rechtsschutz vor Gericht. Das Problem ist wahrscheinlich bei Dir, dass Du nicht in einer Gewerkschaft Mitglied bist. Das erwarten die natürlich, weil sich der Rechtsschutz der Gewerkschaft aus den Mitgliedsbeiträgen aller Gewerkschaftsmitglieder finanziert. 

Was tun?

  • Eventuell macht die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt , die sind für die Pferdewirte zuständig, einmal eine Ausnahme und übernimmt Deinen Rechtsschutz, obwohl Du bei Beginn des Problems noch nicht Mitglied warst. Da musst Du mit denen ganz offen umgehen. Es darf nicht sein, dass Du sofort nachdem Du das Problem gelöst hast, wieder aus der Gewerkschaft austrittst. Das wäre insofern sehr unsolidarisch und unfair, weil Du das Geld der vielen anderen Mitglieder verbraucht hast und selber nicht dafür zur Verfügung stehst, wenn es Dir besser geht und Du andere Pechvögel finanzieren könntest. Das musst Du mit der Gewerkschaft besprechen, wie ihr damit umgehen wollt. Die Gewerkschaft kann Ja sagen, muss es aber nicht. Wenn die aus guten Gründen NEIN sagen, darfst Du denen nicht böse sein. Ein anderes Angebot an die Gewerkschaft könnte sein, dass Du anbietest, Deinen Fall als Beispiel dafür zu nehmen, zu zeigen, wie wichtig es ist, dass alle Pferdewirtazubis und alle Pferdewirte Mitglied in ihrer Gewerkschaft werden, bevor das berühmte Kind in den Brunnen gefallen ist. Manchmal hilft auch schon ein „böses“ Schreiben der Gewerkschaft und der Chef knickt ein. Wer will schon zweiter Sieger werden?
  • Du beauftragst einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Oft kann schon ein Schreiben des Anwaltes mit der Drohung eines Gerichtsverfahrens für Abhilfe sorgen. Das würde die Kosten geringhalten. 

Es wäre super, wenn Du mir erlauben würdest, Deinen Fall anonym auf meiner Seite www.pferdewirtpruefung.de zu veröffentlichen, damit möglichst viele von Euch sehen, wie wichtig es ist, schon in die Gewerkschaft einzutreten, bevor es zum Notfall kommt. Auch hier gilt: Vorsorgen ist besser als nachsorgen.

Einen ganz wesentlichen Hinweis habe ich noch an Dich, dabei ist es völlig egal, wie Du Dich entscheiden wirst, Dich zu wehren. Du musst täglich ganz exakt aufschreiben, wie lange Du gearbeitet hast und was Du gemacht hast. Nur dann kann bewiesen werden, dass Du Überstunden ohne Ende gemacht hast und obendrein auch noch nicht ausgebildet wurdest, so wie es die Verordnung Pferdewirt/in vorschreibt. Gleichzeitig muss Dein Betrieb Dir einen individuellen Ausbildungsplan zum Beginn der Ausbildung gegeben haben, aus dem hervorgeht, was der Betrieb Dir wann beigebracht haben muss. Dazu gehört natürlich auch das Reiten. Auf meiner Internetseite https://pferdewirtpruefung.de/wordpress/?page_id=62 findest Du auch 3 Seiten als Ausbildungsnachweis/Stundenzettel zum Download. Versuche so weit wie möglich zeitlich rückwärts die Tätigkeiten auszufüllen. Ich hoffe, Du hast Dein Berichtsheft wahrheitsgemäß ausgefüllt und der Ausbilder hat die Wochenberichte unterschrieben. Daraus müsste ja ersichtlich werden, dass Du z.B. für die Feiertage keinen Freizeitausgleich bekommen hast. 

Falls Du Hilfe zu einem Kontakt zur Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt ( www.igbau.de ) benötigst, melde Dich bitte bei mir, da bin ich Dir gerne behilflich. Übrigens: Als Azubis zahlt ihr bei der Gewerkschaft höchstens 10 € im Monat Beitrag und habt alle Vorteile einer großen, starken Gewerkschaft.

Dir jedenfalls wünsche ich den nötigen Mut und das Durchhaltevermögen, Deine Dir zustehenden Rechte einzufordern. Auch solche Situationen muss man im Leben erlernen, um nicht lebenslanges Opfer zu bleiben. DU schaffst, davon bin ich fest überzeugt.

n.n. 16.04.20

Hallo Herr Arnold,

gern dürfen Sie meinen Fall anonym veröffentlichen. Ich bin seit kurzem Mitglied bei der IG Bau, Agrar und Umwelt und habe dort schon um Hilfe gebeten. Vielen Dank für Ihre Antwort und ich halte Sie gern auf dem Laufenden.

Viele Grüße
n.n.

Große Unzufriedenheit auch 2019 bei den Pferdewirtazubis

Seltene Momente in der Ausbildung zum Pferdewirt: Lernen statt misten

In ihrer jährlichen Befragung der Auszubildenden hat die Landwirtschaftskammer Niedersachen auch 2019 erhebliche Defizite bei den Auszubildenden im Beruf Pferdewirt/in festgestellt. Ganz offensichtlich nutzen viele Betriebe ihre Auszubildenden nur als billige Arbeitskräfte aus. Von einer geregelten Berufsausbildung der jungen Menschen kann nicht die Rede sein.

Die Ergebnisse der Befragung im Einzelnen:

Über 60%, also 2 von 3 befragten Azubis, bemängeln …

  • … die hohe Zahl der Überstunden ohne jeglichen Zeitausgleich
  • …und gleichzeitig die unstrukturierte Ausbildung bei ebenfalls fehlendem Ausbildungsplan.
  • Und ganz offensichtlich schuften die Azubis noch nicht genug und sind auch noch maßlos mit ihrer Bitte um bessere Ausbildung, denn die Ausbilder strafen sie dafür mit mangelnder Wertschätzung.

Der Berufsbildungsausschuss der Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat auf seiner jüngsten Sitzung dieses wiederholt schlechte Befragungsergebnis beraten und kündigt an, dass die Ausbildungsbetriebe konsequent entsprechend des Beschlusses des Berufsausbildungsausschusses vom 26.11.06 und 18.11.19 anwenden werden. Da wurde z.B. beschlossen, dass „Mängel in der Eignung der Ausbildungsstätte und der Ausbildungsleistung (,die) an die Zuständige Stelle herangetragen werden“ zu Überprüfungen der Betriebe führen.

Und das ist mein Tipp an Euch:

  1. Dokumentiert immer Eure Ausbildungszeiten ganz genau. Dazu könnt Ihr die kostenfreien Ausbildungsnachweis- Seiten downloaden oder Euch das kostenpflichtige Ausbildungsnachweis- Buch (ganz nach unten scrollen) bestellen.
  2. Ihr unterschreibt den Berufsausbildungsvertrag nur, wenn Ihr einen individuellen Ausbildungsplan (zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung) ausgehändigt bekommt.
  3. Ladet Euch von meiner Webseite den Ausbildungsplan der jeweiligen Fachrichtung herunter und hakt dann immer die Ausbildungsinhalte ab, die der Betrieb für euch durchgeführt hat. Eine lückenhafte Ausbildung wird so rasch sichtbar.
  4. Wenn der von Euch geführte Ausbildungsnachweis und/oder der ebenfalls von Euch sorgfältig geführte Ausbildungsplan Mängel an der Ausbildung sichtbar macht, dann sprecht beim Ausbildungsberater der Zuständigen Stelle vor und bittet um Abhilfe. Ihr solltet wissen, dass die „Zuständige Stelle darüber zu wachen hat, dass die Eignung der Ausbildungsstätte sowie die persönliche und fachliche Eignung vorliegen.“ (§ 32 Berufsbildungsgesetz )
  5. Werdet Mitglied der Gewerkschaft IG Bauen Agrar Umwelt, denn die werden mit Euch zusammen die von mir zur Verfügung gestellten und von Euch geführten Ausbildungsnachweise sowie die Ausbildungspläne ansehen und sich dann an die Zuständige Stelle wenden und notfalls natürlich auch klagen. Dieser Rechtsschutz ist für Mitglieder der Gewerkschaft kostenfrei. Der große Vorteil für Euch ist, dass Ihr endlich ernst genommen werden, denn mit einer starken Gewerkschaft legt sich so schnell keiner an, der „kleine Pferdewirt/in“ wird dagegen schon schnell mal folgenlos übers Ohr gehauen oder abgewimmelt.

Gesetzliche Unfallversicherung

Der Beruf Pferdewirt gilt bei Versicherungen als Hochrisikoberuf, gut wenn es sich dann wenigsten um einen Arbeitsunfall handelt.

Euer Arbeitgeber zahlt zu 100% den Betrag zur Gesetzlichen Unfallversicherung. Die wird oft auch Berufsgenossenschaft (BG) genannt. Je nach Branche gibt es unterschiedliche gesetzliche Unfallversicherungen. So sind Reitvereine in der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), landwirtschaftliche Betriebe in der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) sowie Reitställe in der BG Verkehr. Immer wenn Ihr durch den Betrieb krankenversichert seid, dann wird auch für Euch die Unfallversicherung bezahlt.

Die Absicherung durch die Gesetzliche Unfallversicherung ist für Euch ein Glücksfall, denn diese Unfallversicherungen haben wesentlich bessere Leistungen, wenn es um einen Arbeitsunfall geht. Im Gegensatz zur Krankenversicherung kümmert sich die Gesetzliche Unfallversicherung auch um Reha, Umschulungen, Renten, usw.. Zuzahlungen gibt es übrigens bei den Gesetzlichen Unfallversicherungen nicht! Deshalb solltet Ihr im Berufsschulunterricht die Ohren spitzen, wenn es um die Gesetzliche Unfallversicherung geht. Bitte verwechselt die Gesetzliche Unfallversicherung keinesfalls mit den privaten Unfallversicherungen, die immer Euren Beitrag wollen und längst nicht so gute Leistungen bieten, wie die Gesetzlichen Unfallversicherungen.

Wenn tatsächlich einmal etwas im Betrieb passiert und Ihr Euch verletzt habt, dann scheut niemals, dies als Arbeitsunfall zu benennen. Sofort bei der ersten Behandlung sagt Ihr, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Ihr müsst überhaupt keine Angst haben, dass Ihr Probleme bekommt, weil Ihr den Unfall selbst verursacht habt. Die Gesetzlichen Unfallversicherungen zahlen immer, es gibt kein Verschuldensprinzip. Selbst wenn Ihr schuldhaft vom Pferd fallt, werdet Ihr genauso behandelt, als wenn Ihr ohne Schuld verunglückt wärt. Selbst Reiten ohne Helm bleibt ohne Folgen für die Behandlung für Euch.

Ganz wichtig: Auch außerhalb des Betriebes seid Ihr gesetzlich unfallversichert.

Das bedeutet:

  • Auf dem direkten Weg zur Arbeit seid Ihr unfallversichert. Übernachtet Ihr mal woanders (Partner, Eltern, Freunde,…), seid Ihr auch auf diesem Weg versichert. Der Weg muss aber etwa im Verhältnis zum normalen Weg sein.
  • Wenn auf dem Weg zur Arbeit noch Kinder in die Krippe, Kindergarten, Schule, Tagesmutter, usw. gebracht werden , darf vom direkten Weg abgewichen werden.
  • Fahrt Ihr zum Tanken, Einkaufen, Kaffe holen, usw. und das dauert nicht länger als 2 Stunden, dann wird die Fahrt zur Arbeit unterbrochen und lebt nach der Pause wieder auf.
  • Gibt es Verkehrsstaus oder verkehrsgünstigere Routen, dann darf vom direkten Weg abgewichen werden.
  • Womit Ihr zu Arbeit kommt, Fahrrad, eBike/-Roller, Motorrad, Auto, Bus, Bahn, zu Fuß oder auf dem Pferd, Ihr seid gesetzlicher unfallversichert.
  • Der direkte Nachhauseweg ist natürlich auch wieder unfallversichert. Fahrt Ihr nach Feierabend noch zum Sport, zu Freunden, usw. und dieser Weg ist ähnlich lang wie der direkte Nachhauseweg, dann seid Ihr auch Versicherung. Aber nur bis zu diesem Ziel. Die Fahrt von dem abweichenden Ziel nach Hause ist privat und nicht mehr gesetzlich unfallversichert.
  • Große Unsicherheiten bestehen regelmäßig bei Turnierbesuchen. Deshalb tragt bitte alle betrieblich angeordneten Tätigkeiten in Euren Ausbildungsnachweis ein. Durch seine Unterschrift bestätigt Euer Ausbilder, dass es sich um Arbeitszeit (Ausbildungszeit) handelt und die ist natürlich gesetzlich unfallversichert. Auch der Weg zum Turnier, zur Körung, zum Nachbarbetrieb im Rahmen einer Ausbilderkooperation. Und selbst wenn im Ausbildungsnachweis steht, Ihr reitet im Ausland, dann ist das Arbeitszeit und Ihr seid natürlich auch dort gesetzlich unfallversichert.
Der Ausbildungsnachweis sagt genau, was Arbeitszeit (Ausbildungszeit) ist und was Eure Freizeitbeschäftigung ist. Deshalb ist das genaue und korrekte Führen des Ausbildungsnachweises so wichtig.

Wichtige Info zum Ausbildungsnachweis (Berichtsheft)

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Der Bundesarbeitskreis Berufliche Qualifizierung der IG Bauen Agrar Umwelt hat sich kürzlich mit dem Ausbildungsnachweis (Berichtsheft) beschäftigt, das solltet Ihr lesen, es betrifft Euch:

Empfehlungen des Bundesarbeitskreis Berufliche Qualifizierung (BAK BQ) der Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt zum

Führen der Ausbildungsnachweise (Dez. 2013)

Wesentliches Ziel des Ausbildungsnachweises ist, dass die tatsächlich stattgefundene Ausbildung (sachlicher und zeitlicher Ablauf) einer Berufsausbildung jederzeit nachvollzogen und beweisbar werden kann.

Nur mit einem sorgfältig, regelmäßig und wahrheitsgemäß erstellten Ausbildungsnachweis sind die mit der Überwachung der Berufsausbildung beauftragten Zuständigen Stellen in der Lage, Ausbildungsmängel rasch zu entdecken und entsprechend korrigierend einzugreifen. Gleiches gilt für die Rechtsschutzabteilungen der Gewerkschaften.

Ein Ausbildungsnachweis ist möglichst übersichtlich und einfach zu führen. Die Ausbildung sollte tabellarisch und stichwortartig vorgenommen werden, die einzelnen Ausbildungsschritte, auch die der Berufsschule und der Überbetrieblichen Ausbildung, werden mit Anfangs- und Endzeit dokumentiert. Der Ausbildungsnachweis wird in nahezu allen Berufsausbildungen vorgeschrieben und gehört dann zur Arbeitszeit. Ist der Ausbildungsnachweis in der entsprechenden Verordnung vorgeschrieben, ist er eine der Voraussetzungen zur Zulassung zur Abschlussprüfung. Ausbildungsnachweise dürfen nicht in den Zwischen- und Abschlussprüfungen bewertet werden.

„Hausaufgaben“ gehören nicht zur betrieblichen Ausbildung. Ein Ausbilder/in kann zusätzliche Aufgaben bei der Ausbildungsnachweisführung (Betriebsbeschreibung, Bauzeichnungen, Erfahrungsberichte, Leittexte, Pflanzensammlungen, Preisrecherchen, usw.) verlangen, wenn die Bearbeitung Teil der betrieblichen Ausbildung ist und während der Arbeitszeit stattfindet.

Nicht alle Zuständigen Stellen verlangen von Auszubildenden einen mit Zeitangaben versehenen Ausbildungsnachweis, obwohl das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) dieses empfiehlt. Ausbildungsversäumnisse sowie Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, Bundesurlaubsgesetz und weitere Arbeitsschutzgesetze sind dann leider nur schwer zu beweisen. Der Bundesarbeitskreis Berufliche Qualifizierung empfiehlt in diesem Falle allen Mitgliedern der IG Bauen Agrar Umwelt den in der Anlage 1 vorgeschlagenen Ausbildungsnachweis zusätzlich zu führen. Nur wenn Ausbildungsmängel nachvollziehbar und nachweislich dokumentiert werden, kann im Streitfall erfolgreich Rechtsschutz von der Gewerkschaft für seine Mitglieder gewährt für werden.

Der Bundesarbeitskreis Berufliche Qualifizierung empfiehlt allen Mitgliedern in den Berufsbildungsausschüssen sich, wo noch nicht vorhanden, für nachweisbare Ausbildungsnachweise einzusetzen, da sie ein wesentliches Instrument einer Qualitätsentwicklung in der Berufsausbildung sind.

Hier findet Ihr mehr Infos:

Ausbildungsnachweis

http://www.igbau.de/Bildung_Berufsbildung.html  (>Aktuelles Material).

Hier könnt Ihr Euch auch ein Formular zum Ausbildungsnachweis: http://www.igbau.de/Binaries/Binary23212/Empfehlung_122013_-_Fuehren_von_Ausbilsungsnachweisen.pdf

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Berichtsheft neu schreiben?

n.n. schreibt:

Hallo,

ich habe noch eine Frage zum Thema Berichtsheft.

Bei uns im Betrieb fangen wir um 8 an und arbeiten bis mindestens 19 Uhr.

Wir reiten und longieren jeder täglich zwischen 6 und 9 Pferden.

Wir machen jeden Tag das absolut Gleiche.

Ich habe jetzt echte Probleme damit, mein Berichtsheft zu führen.

Ich musste es gestern abgeben. Ich habe nun in die Wochen- bzw. Tätigkeitsberichte Themen wie Mähne verziehen, Einflechten, Lederpflege und im Endeffekt Bereiche der Richtlinien geschrieben. Also die GGA erläutert, Sättel erklärt, Sitzfehler usw. Nun soll ich alles nochmal neu machen obwohl im hinteren Teil des Berichtsheftes sogar steht, dass man über so etwas schreiben kann.

Was ist denn  jetzt richtig? Muss alles nochmal neu geschrieben werden?

Dietbert Arnold antwortet:

Die Antwort von mir gliedert sich in zwei Teile.

  1. Für die Zulassung zur Abschlussprüfung benötigst Du keine Erfahrungsberichte und auch der Betriebsteil hinten ist nicht notwendig. Zur Zulassung zur Prüfung benötigst Du nur einen Ausbildungsnachweis und kein Berichtsheft. Das ist Fakt. Mehr findest Du unter dem Button „Ausbildungsnachweis„.
  2. Natürlich kann ein Ausbilder im Rahmen seiner Ausbildung von Dir verlangen, dass Du Erfahrungsberichte schreiben musst. Das können z.B. Leittexte sein oder auch die Auseinandersetzung mit Themen der tatsächlichen Ausbildung. Das ist natürlich viel sinnvoller, wenn Du Dich mit dem tatsächlich erfolgtem Reitunterricht am Tage x auseinandersetzt, als wenn Du die Richtlinien eigentlich nur neu abschreibst. Aber, jetzt kommt der Punkt: Ein Ausbilder kann nur die Ausarbeitung der Erfahrungsberichte verlangen, wenn es Ausbildung ist und die während der Arbeitszeit stattfindet. Hausaufgaben gibt es in der Berufsausbildung im Betrieb nie!
  3. Wieso hat Dein Ausbilder eigentlich noch nie vorher was gesagt. Er ist doch verpflichtet, das Berichtsheft bzw. den Ausbildungsnachweis monatlich zu kontrollieren. Ich habe eher den Eindruck, Dein Ausbilder will noch kurz vor der Vorlage des Berichtsheftes bei der Kammer und bei den Prüfern sein Ansehen hübschen. Nichterfolgte Ausbildung kaschieren. Schön den sauberen Eindruck wahren. Außen hui, innen pfui!

Also, Du siehst, eine klare Antwort aber eine schwere Entscheidung von Dir, Dich durchzusetzen. Eines aber Darfst Du nicht tun: Märchen in das Berichtsheft schreiben. Immer schön bei der Wahrheit bleiben, es ist ein Dokument und Du haftest mit Deiner Unterschrift. Stelle Dir mal vor, Du unterschreibst im Berichtsheft, wie viele Ausbildungseinheiten Du bekommen hast und beklagst Dich anschließend, dass Du wegen mangelnder Ausbildung durch die Prüfung gefallen bist.

Überstunden

  • n.n.

Einen schönen guten Tag,

Ich habe da mal eine frage bezüglich der Überstunden. Ich bin selber Azubi und ich weiß  das mit den vertraglich festgelegten stunden wird nicht so ernst genommen, zumindest nicht vom Arbeitgeber. 😉 ich muss dazu sagen bei beginn meiner Ausbildung 2009 habe ich noch etwas ausgeglichen bekommen, zwar nicht viel nur ein paar stunden, aber ein bisschen.(das ist ab und zu schon sehr viel wert) So, ich habe einen 45 std vertrag, mache aber rundweg mit unterricht und wochenenddienst ca 65 std die Woche, ohne wochenenddienst sind es dann ca  55 std jede Woche, einmal im Monat bekommen wir einen Ausgleichsvormittag von 4 std. Bei Sonderveranstaltungen an meinem freien Wochenende stehe ich da und helfe mit und bekomme einen Essensgutschein für eine Suppe, aber von Ausgleich keine rede mehr, das hat sich alles geändert.

mein Chef ist auch der Meinung das  Überstunden mit dazu gehören, aber auch in dem Maß?  

Er lässt auch nicht mit sich reden, da stößt man auf Granit, selbst Apollo 13 wäre kooperativer gewesen! ?  

Was können wir Auszubildende tun, damit sich was  ändert?

An wen können wir Azubis uns wenden?

Oder ist das, das Leben der Pferdewirt- Azubis?

  • Dietbert Arnold

Was Du da berichtest, ist wahrlich kein Einzelfall. Grundsätzlich sind Pferdewirte und Pferdewirtazubis auch Menschen und für die gelten Recht und Gesetz. Auch wenn viele Ausbilder meinen, Recht und Gesetz gelte nicht auf Reitbahnen. 

Jetzt erst einmal ein paar Fakten: Für volljährige Azubis gilt natürlich das Arbeitszeitgesetz. Im Ausbildungsvertrag muss die regelmäßige, tägliche Arbeitszeit eingetragen sein. Eine alleinige wöchentliche Arbeitszeit ist nach § 11 Berufsbildungsgesetz nicht ausreichend! Die tägliche Ausbildungszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten! Ausnahme: Gelegentlich sind 10 Stunden am Tag erlaubt, wenn in einem Zeitraum von einem halben Jahr es nicht zu mehr als durchschnittlich 8 Stunden werktäglich kommt. Auf gut Deutsch, 10 Stunden sind in Arbeitsspitzen erlaubt, müssen aber ausgeglichen werden.

Grundsätzlich gilt, dass Du die Arbeitszeitübertretungen beweisen musst. Deshalb rate ich allen Azubis, die Wochenberichte äußert korrekt und zeitnah zu führen. Das kann nur geschehen, wenn Ihr bei den Wochentagen auch die Uhrzeiten aufschreibt. Falls das Notieren im Berichtsheft nicht möglich sein sollte, dann führt regelmäßig einen Kalender mit genauen Arbeitszeiten täglich. Auch wer mit seinem Arbeitgeber derzeit zufrieden ist, sollte diese Aufzeichnungen sehr sorgfältig führen, wer weiß, was noch kommt. Wenn man es umsonst gemacht hat, dann freut Euch.

Weiterhin gilt natürlich, dass Überstunden entweder bezahlt oder ausgeglichen werden müssen. Das gilt natürlich auch für Sonn- und Feiertage. Schließlich haben auch Pferdewirte Weihnachten und ein Osterfest!

Für die Überwachung der Ausbildung, und natürlich auch der täglichen Ausbildungszeit, sind die Zuständigen Stellen gesetzlich verpflichtet. Also wendet Euch an den Ausbildungsberater! 

Weiterhin überwachen die Gewerbeaufsichtsämter die Arbeitsbedingungen und auch die Arbeitszeit. Gewerbeaufsichtsämter sind verpflichtet, auf Wunsch anonym zu handeln.

Ja, und dann gibt es auch für Pferdewirte eine handlungsfähige, durchsetzungsstarke Gewerkschaft, die IG Bauen, Agrar, Umwelt. Auch hier können sich Mitglieder (es lohnt sich also für ein paar Euro Mitglied zu werden) informieren, Rechtsrat einholen und notfalls auch Rechtsschutz bei einer Klage erhalten. Das kann schon böse weh tun für einen Arbeitgeber, wenn er für viele Monate nachzahlen muss. 

Und was Ihr alle auch wissen müsst: Der Besuch der Berufsschule ist sicher nach der neuen Verordnung überlebenswichtig. Jeder Azubi hat das gute Recht die Berufsschule zu besuchen und natürlich zählt die Berufsschule und der Schulweg mit zur täglichen Ausbildungszeit!

Was meinst Du, hilft Dir das weiter?

  • n.n.

hallo ich bin es noch einmal,

nun ich hab über das thema Überstunden mit meinen kollegen gesprochen.es hat keiner einen nachweis, also sich die stunden notiert die wir miehr gemacht haben,was können wir dann tun?

  • Dietbert Arnold

Ist doch klar, was Ihr ab jetzt tun werdet, oder? 

Was könnt Ihr jetzt tun? Ich an Eurer Stelle rate Euch, dass sich die Überstundengebeutelten noch mal zusammensetzen und dann Mitglied der Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt werden. Und genau dann könnt Ihr Euch von den Profis dort beraten lassen. Die analysieren genau Eure Situation, besprechen Möglichkeiten und wenn Ihr dann wollt, versuchen die eine Lösung herbeizuführen. Das kann ich hier an der Tastatur nicht leisten, das muss ganz individuell geschehen. Wenn Du einen Ansprechpartner zur Gewerkschaft brauchst, schicke mir eine eMail mit Deiner Adresse und ich vermittele Dir Hilfe. Darauf kannst Du Dich verlassen. Natürlich wird diese Mail dann nicht veröffentlicht. Deshalb habe ich ja auch nicht Deinen Namen genannt.