Mieseste Bezahlung in der Pferdewirtschaft

Traumjob: Miese Bezahlung, mangelnde Wertschätzung und Ausbeutung inclusive

Die Pferdewirtschaft gehört zu den 5 schlechtesten bezahlten Berufen in Deutschland.

Bundesarbeitsministerium Februar 2023

Das hat sich mittlerweile selbst bis in das Bundesarbeitsministerium herumgesprochen. Diese beschämende Rangfolge wurde jetzt im März 2023 vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht. Interessant ist, dass in diesen Hungerlohn bezahlenden Berufen hauptsächlich Frauen arbeiten und die dann auch meist nicht in ihrer Gewerkschaft, der IG Bauen, Agrar, Umwelt, organisiert sind.

Die strahlenden Augen sind meist nach dem ersten Ausbildungsjahr verschwunden

In diesen fünf Frauen- Berufen ist ein Leben in Armut vorprogrammiert:

  • Pferdewirtschaft
  • Gastronomie
  • Lebensmitteleinzelhandel
  • Floristik
  • Körperpflege

Jeder/e, die den Beruf Pferdewirt*in erlernen, sollten sich gut überlegen, welcher Plan geeignet ist, diesen Beruf lediglich als Basisausbildung zu betrachten und sich Wege aus der sicheren Armut und Ausbeutung zu überlegen. Möglich ist das durch Weiter- und Fortbildung.

Ein ordentlicher Beruf und die Pferde als Hobby ist für die meisten Menschen die bessere Lösung. Die Alternative ist überwiegend Armut und Ausbeutung ohne Ende.

Im Beruf Pferdewirt ist ein eigenständiges, finanziell unabhängiges Leben kaum möglich. Im Prinzip, wenn das einmal ehrlich betrachtet wird, ist der Beruf Pferdewirt*in nur für Betriebsnachfolger*innen zu empfehlen und der Umgang mit Pferden ansonsten ein tolles Hobby.

Vorsicht ist angesagt bei sog. Infoveranstaltungen zum Beruf Pferdewirt*in, die in Realität meist Rekrutierungsveranstaltungen für Pferdebetriebe sind. Auszubildende werden in dieser Branche händeringend gesucht, denn in diesem Beruf verdienen die Ausbildungsbetriebe vom ersten Tag an bares Geld mit jedem Azubi: Nach Schätzung des Bundesinstituts für Berufsbildung mindestens 7.000.- im Jahr. Anders ausgedrückt: Die Ausbildungsbetriebe machen mit ihren Azubis richtig Kasse. Je mehr davon im Betrieb schuften, desto besser geht es den Chefs*innen. Und jetzt wisst Ihr, warum es diese Infoveranstaltungen gibt.

Falle statt Sprungbrett

Mindestlohn – Wenn der Lohn nicht zum Leben reicht wird es Zeit, sich Gedanken zu machen.

Einmal Niedriglohn – immer Niedriglohn

Welche Löhne sind in der Diskussion?

Wenn Statistiker über Löhne forschen und berichten, dann fallen die Begriffe Mindestlohn, Niedriglohn und Durchschnittslohn.

Der Mindestlohn ist derjenige, gesetzlich festgelegte Lohn, der mindestens jeder/e Mitarbeiter*in in Deutschland bezahlt bekommen muss, egal welche Ausbildung er/sie hat. Bis auf wenige Ausnahmen darf in Deutschland niemand weniger verdienen.

Das Statistische Bundesamt ermittelt jedes Jahr auch den Durchschnittslohn. Der Medianmittelwert, der hier berechnet wird, verhindert dass wenige Ausreißer den Mittelwert verunreinigen.

Zwischen dem Mindestlohn und dem Durchschnittslohn liegt der Niedriglohn, besser gesagt der Bereich mit dem Niedriglohn, auch Niedriglohnsektor genannt. Von Niedriglohn wird nach Definition der Organisation Für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) sowie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gesprochen, wenn weniger als 2/3 des Durchschnittslohnes erzielt werden.

Mindestlohn
2020
Niedriglohnsektor
2020
Durchschnittslohn 2020
Brutto- Stundenlohn9,359,36 – 11,0416,56
Brutto- Monatslohn (40 h)1.619,421.621,15 – 1.912,122.868,19
Armutsbereichjajanein
einfachste Anforderungen, überschaubarer Arbeitsbereich, Arbeit unter Aufsichtangelernte Arbeit in einem überschaubaren Arbeitsbereich, meist unter AufsichtSelbständig geplante und ausgeführte Arbeit
ungelernte HilfskraftPferdepfleger*inPferdewirt*in
DQR 1DQR 2/3DQR 4
Quellen: Statistisches Bundesamt, ILO, OECD

Jetzt könnt Ihr einschätzen, was eine faire Bezahlung für einen Pferdewirt*in ist und was Ihr wirklich bekommt.

Leider sind die Aussichten als Pferdewirt*in nicht geeignet, menschenwürdig entlohnt zu werden. Bitte denkt doch einmal darüber nach, dass der Durchschnittsstundenlohn brutto in Deutschland bei 16,00 € liegt. In der Landwirtschaft liegt der Durchschnittslohn nur bei 10,74 €. Damit ist die Landwirtschaft zusammen mit dem Gastgewerbe unrühmliches Schlusslicht beim Durchschnittslohn

BrancheBrutto- Durchschnittslohn
Energieversorgung € 27,18
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen € 24,11
 Information und Kommunikation € 23,74
Büro€ 16,00
Verkauf, Handel€ 13,00
Busfahrer€12,00
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft € 10,74
Gastgewerbe € 10,00
Quelle: Statistisches Bundesamt

Und jetzt kommt die Niedriglohnsackgasse

Vor vielen Jahren galt der Niedriglohn als erfolgreiches Instrument des Arbeitsamtes. Wirtschaft und Politik gingen davon aus, so das Ziel damals, dass es sich hier um einen Einstiegslohn für benachteiligte Personengruppen des Arbeitsmarktes handelt um diese wieder in das Arbeitsleben zu integrieren. Der Niedriglohnsektor sollte niedrigproduktiven Tätigkeiten, also Einfacharbeiten, vorbehalten werden.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: Geringverdiener (Mindestlohn bis Niedriglohn) haben bei uns in Deutschland kaum eine Chance besser bezahlt zu werden. Einmal Niedriglohn – immer Niedriglohn. Selbst Fachkräfte mit Berufsabschluss werden zunehmend unterhalb der Niedriglohnschwelle (€ 11,04 brutto/h) entlohnt. Auch für Fachkräfte gibt es kaum Wendemöglichkeiten in der Sackgasse. Leider steht bei der Berufswahl zum Pferdewirt*in nicht das Verkehrsschild: Keine Wendemöglichkeit.

Wer sein Leben als Pferdewirt*in plant, sollte die Niedriglohnsackgasse kennen und entsprechend planen, sonst wird die Berufswahl zum Pferdewirt*in zur Armutsfalle und nicht zum Sprungbrett in ein auskömmliches Berufsleben.

Tipp: Wenn Ihr mehr wissen oder in der Berufsschule z.B. im Politikunterricht diskutieren wollt, dann könnt Ihr diese Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes nutzen.

Was dürfen Pferdewirte an Lohn erwarten?

Arbeitsamt, MeyerArendt
Die Entlohnung muss so hoch sein, dass ein Berufsleben nicht bei Hartz4 endet. Ein Leben in Armut ist vielen Pferdewirten sicher.

Lisa, 1.5.2016:

Ich bin im dritten Lehrjahr und somit fast fertig. Nun habe ich ein Angebot aber keine Vorstellungen was ich an Gehalt erwarten darf. Könnt ihr mir helfen ?

Hallo Lisa,

gerne will ich Dir meine Gedanken dazu sagen. Allerdings bin ich ein wenig sprachlos, dass Du im dritten Ausbildungsjahr bist und Ihr in der Berufsschule noch nicht darüber gesprochen habt.

Gerne will ich da versuchen, Dir weiterzuhelfen. Das Problem bei den Pferdewirten ist, dass es keinen Tarifvertrag zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gibt. Dumm, weil so wenig Pferdewirte in der Gewerkschaft sind, kommt es nicht zu einem Tarifvertrag und das nutzen die Arbeitgeber schamlos aus.

Grundsätzlich musst Du wissen, dass es Löhne bei den Pferdewirten gibt, die unweigerlich in Armut führen. Du solltest wissen, dass ein Stundenlohn von 12,50 brutto pro Stunde und das 45 Jahre lang dazu führt, dass Du genau so viel Rente bekommst, dass Du nicht auf Hartz4 aufstocken musst. Wenn Du also weniger als 12,50 brutto pro Stunde verdienst, wirst Du in Armut enden, obwohl Du ein Leben lang sehr hart gearbeitet hast.

12,50 € brutto bedeutet bei einer 40 Stunden- Woche, dass Du mindestens 2.000 EUR brutto im Monat (vielleicht 1.400 netto)  verdienen musst. Mindestens. Wenn Du aber, wie in Pferdebetrieben üblich, 48 Stunden arbeiten musst, dann muss das 2.400 € brutto im Monat sein (vielleicht 1.600 netto).

Die will kein Betrieb zahlen? Dann überlege gut, was Du tun willst. Dich ausbeuten lassen und in Armut enden oder Dich in weitere Richtungen weiterzubilden oder den Beruf ganz verlassen. Ich rate dringend, sich nicht ausbeuten zu lassen. Ein Leben in Armut ist nicht witzig. Wahrscheinlich schreckt das in Deinem Alter noch nicht wirklich ab. Hat es mich auch nicht in Deinem Alter. Ich weiß aber, dass es verdammt hart und entwürdigend ist, wenn mann/frau in Armut trotz harter, lebenslanger Arbeit landet. Und dann gibt es im Leben ja auch noch Risiken. Ganz besonders bei den Pferdewirten, die haben ein ca. 30fach höheres Risiko zu verunglücken als z.B. eine Bürokauffrau. Wenn Du also wegen eines Unfalles den Beruf Pferdewirt/in nicht mehr ausüben kannst, dann gibt es auch nur Leistungen auf diesen Minilohn, den die meisten Pferdebetriebe zahlen. Leistungen, die oft im Krankheitsfall nur 60% des Lohnes sind! Wohlgemerkt nur auf die offizielle versteuerten Löhne, nicht auf schwarzes Geld, was da bei den Pferdewirten oft fließt, um halbwegs finanziell   über die Runden zu kommen.

Und dann, ganz zum Schluss rate ich Dir dringend, in die Gewerkschaft IG Bauen Agrar Umwelt einzutreten, Dein Ratgeber und Dein Rechtsschutz in einem Beruf, in dem Arbeitnehmerrechte ein Fremdwort sind, die ganze Seite hier ist voll davon.

So, jetzt kannst Du schimpfen über mich oder Du schluckst einmal und atmest tief durch und denkst in den nächsten Tagen einmal gut nach, wohin Dein Berufsleben so gehen soll. Du ganz allein bist für Dich zuständig. Nichts tun wird in Armut enden.

Einen schönen 1. Mai, der ja auch Tag der Arbeit ist.

 

S. (dem Admin bekannt), 12.02.2017
Nach erfolgreich abgelegter Abschlussprüfung mit Auszeichnung habe ich nun einen Betrieb gefunden, allerdings habe ich Bedenken bei der Bezahlung. 1200 € für eine 48 std Woche. Ist das überhaupt ein realistisches Gehalt für eine ausgelernte Fachkraft ?
Natürlich sind die Gehälter zwischen dem Bundesländern etwas unterschiedlich aber grenzt so ein Gehalt als Einstiegsgehalt für eine Fachkraft mit gesamtschnitt von 1,2 nicht an Ausbeute ? Ich bin irgendwie ratlos, vlt haben Sie einen Rat.
Vielen Dank und liebe Grüße
S.

Dietbert Arnold, 13.02.2017

Hallo S.,

das hat ja gut geklappt mit der Abschlussprüfung, nun beginnt das richtige Berufsleben, will heißen, jetzt geht es um faire Bezahlung, Lebensstandard und auch um eine spätere Rente. Lebensplanung ist gefragt.

Zunächst gilt erst einmal alles, was oben schon von mir geschrieben wurde. Zwischen 11.- und 13.- Euro sind ein fairer Stundenlohn, so sehen es auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer in landwirtschaftlichen Berufen. 11.- bis 13.- EUR bedeutet immer brutto, also es gehen Steuern und Sozialversicherungen ab.

Grundsätzlich sind zwar 48 h/Woche erlaubt, Du solltest aber wissen, dass da so gut wie nie Freizeit für Dich herauskommt. Am Anfang wirst Du denken, dass ist egal, dass werde ich schon locker schaffen, aber nach einer längeren Zeit ist dann plötzlich eine riesige Überbelastung, die Dich leicht in eine Depression treiben kann. Ich sage Dir einfach aus Erfahrung mit ganz vielen Pferdewirten/innen, dass im Berufsleben die Grenze von 40 Stunden nicht langfristig überschritten werden sollte, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Jeder Mensch muss aus der Arbeitsmühle heraus, um dann wieder am Beginn der Woche freudestrahlend und leistungsfähig zu beginnen. Work-Life- Balance ist das Schlagwort.

Achte bitte darauf, dass vereinbart wird, dass Du jede zusätzliche Stunde auch vergütet bekommst. Es geht um Deine Rente, es geht um Krankengeld der Krankenkasse bei längerer Krankheit und natürlich auch um Lohnersatz bei Arbeitsunfällen.

Und natürlich musst Du einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Betrieb abschließen. Ich empfehle Dir, einfach auch mal in die Gewerkschaft IG Bauen Agrar Umwelt einzutreten, denn denen kannst Du dann den Arbeitsvertrag mal zur Begutachtung vorlegen. Die Gewerkschaftler sehen in vielen Fällen ganz rasch, ob da Fallstricke im Vertrag sind, die Dich benachteiligen. Zum Erwachen sein und zum Berufsleben gehört auch eine Gewerkschaft. So denke ich jedenfalls.

Noch ein Tipp: Du kannst mit Deinem Betrieb auch ausmachen, dass Du ein Arbeitszeitkonto führst. Weniger Arbeiten, wenn nichts los ist und mehr arbeiten, wenn die Hütte brennt. Aber: Auch dann hat bei einer 40h- Woche das Jahr nur 2088 Stunden. Das muss der Massstab sein.

Wenn sich ein fairer Lohn nicht durchsetzen lässt, dann überlege wirklich, durch weitere Ausbildung, Fortbildung oder Studium Dich weiter zu qualifizieren und schaue dabei auch in Nebenbereiche des Pferdewirtes/in. Ein Leben in Armut, das bietet Dir der Betrieb hier mit 1.200.- brutto bei 48 h, das hast Du nicht verdient. Ausbeuten lassen, das darfst Du Dir von Beginn an nicht gefallen lassen!

Jetzt weißt Du, was ich Dir rate. Entscheiden musst Du jetzt.

 

Was müssen Pferdewirte verdienen?

Grundsicherung
Für gute Arbeit muss es faire Löhne geben, die ein würdevolles Alter erlauben.

Die Grundsicherung beträgt derzeit 676 Euro. Wer weniger verdient, hat Anspruch auf Hilfe vom Staat. Um genau diese Rente im Alter zu bekommen, müsst Ihr 45 Jahre genau 9,47 Euro brutto bei Vollzeitbeschäftigung verdienen.

Alle diejenigen, die weniger verdienen, und das sind die meisten Pferdewirte, werden im Alter so arm sein, dass sie ohne Hilfe des Staates nicht überleben können und werden niemals mehr als 676 Euro zur Verfügung haben.

Wer ein Leben lang 10,36 € brutto je Stunde verdient, gilt zwar offiziell nicht mehr als arm, bekommt deshalb kein Geld zum Lebensunterhalt vom Staat, bezieht aber dennoch nur einen sog. Niedriglohn.

Ein Großteil der Pferdewirte wird, obwohl durchgehend 45 Jahre erwerbstätig, auf die Hilfe des Staates angewiesen sein. Armut ist vorprogrammiert, obwohl ein Leben lang gerackert.

Alle diejenigen übrigens, die miserable Stundenlöhne durch Schwarzarbeit (Beritt, Provisionsprozente, Reitunterricht, usw.) aufgepeppt haben, werden im Alter erfahren müssen, dass Einkommen aus Schwarzarbeit zwar kurzfristigen Luxus bringen, im Alter aber leider auch schwarz bleiben und zu bitterer Armut führen.

Was bedeutet das für Euch: Arbeitet nicht unter einem Stundenlohn von 10,50 brutto je Stunde. Alles andere führt in bittere Armut. Das solltet Ihr wissen.

*Alle Daten mit Stand 2013