Die neue Ausbildungsstatistik 2017 des Statistischen Bundesamtes ist seit eigen Tagen veröffentlicht und muss besonders in der Pferdewirtschaft mit großer Sorge zur Kenntnis genommen werden.
Nach wie vor befindet sich der Beruf Pferdewirt im freien Fall.
Jetzt rächt sich die vielfach zu beobachtende, gewissenlose Berufsausbildung in diesem Beruf, bei der die Arbeitsleistung der Azubis im Fokus der Ausbildungsbetriebe steht und Ausbildung zur Nebensache gerät.
Maßlose Ausbilder machen den Beruf kaputt. Die Reaktion des Berufsstandes ist, vorsichtig ausgedrückt, verhalten, nur Schönreden ändert nichts! Wer Kritik übt, ist ein Nestbeschmutzer.
Das standardmäßig wiederholte Argument, hier platzen nur die Träume der Wendymädels ist so einfältig wie falsch. In kaum einen Beruf machen Schüler dermaßen oft Schülerpraktika, wie im Beruf Pferdewirt und schließlich haben ja Berufsausbilder den Ausbildungsvertrag nach sorgfältiger Prüfung der möglichen Azubis unterschrieben. Oder suchen die tatsächlich nur billige Arbeitskräfte, weil die Betriebe in der Pferdewirtschaft wissen, dass sie mit ihren Auszubildenden sogar noch Geld verdienen.
Nicht zu leugnen: über 50% der Azubis schmeißt die Ausbildung vorzeitig hin. Die Begründung der Azubis, die ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig lösen, ist nahezu immer gleich:
- mangelnde Wertschätzung,
- mangelnde Ausbildung,
- maßlose Arbeitszeiten.
Damit ist der Beruf Pferdewirt einer der traurigen Spitzenreiter bei den vorzeitigen Vertragslösungen in Deutschland. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 25%. Bei den Pferdewirten liegt die vorzeitige Lösungsquote bei mittlerweile über 50%!
Trauriger Spitzenreiter ist die Fachrichtung Klassische Reitausbildung mit 56%!

Interessant ist der Vergleich der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und die vorzeitige Vertragsauflösung im Jahr 2016 und 2017 in Deutschland:
Neue und vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge 2016 und 2017
Fachrichtung | Geschlecht | neue Verträge 2016 | vorz. gelöst. Verträge 2016 | neue Verträge 2017 | vorz. gelöst. Verträge 2017 |
---|---|---|---|---|---|
Haltung & Service | m | 39 | 18 (46%) | 39 | 15 ( 38%) |
w | 333 | 153 (46%) | 327 | 174 (53%) | |
Zucht | m | 6 | 6 (100%) | 15 | 3 (20%) |
w | 57 | 36 (63%) | 75 | 33 (44%) | |
Klassische Reitausbildung | m | 33 | 15 (46%) | 33 | 18 (55%) |
w | 189 | 99 (52%) | 216 | 120 (56%) | |
Rennreiten | m | 6 | 6 (100%) | 0 | 3 |
w | 9 | 3 (33%) | 12 | 6 (50%) | |
Spezialreitweisen | m | 3 | 3 (100%) | 3 | 0 (0%) |
w | 30 | 12 (40%) | 36 | 12 (33%) | |
alle Fachrichtungen | 705 | 351 (50%) | 756 | 384 (51%) |
Ein Beruf, der locker auf die Hälfte seiner Azubis verzichten kann, investiert zu wenig in seinen Nachwuchs und schafft sich mittel- und langfristig ab. Einzelne Fachrichtungen sind schon kräftig dabei.
Die Berechtigung Auszubildende einzustellen setzt voraus, sich an Recht und Gesetz zu halten, in Ausbildung zu investieren und den Wunsch nach einer billigen Arbeitskraft hinten anzustellen.
Übrigens:
- Die guten Azubis brechen ab und gehen. Die, die gehen, haben in der großen Mehrzahl einen mittleren oder höheren Schulabschluss und entscheiden sich oft statt der enttäuschenden Berufsausbildung für ein Studium.
- Obwohl viele Betriebe Jungen händeringend suchen, können sie nicht verhindern, dass z.T. ganze Jahrgänge ihre Ausbildung unter diesen Bedingungen hinschmeissen.
- Den gesamten Bericht 2016 findet Ihr hier zum kostenfreien Download, den Bericht 2017 könnt Ihr hier downloaden.